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Dr. Fischer: Der Fall des Blumen-Mediums Frau Rothe. 573
Der Fall des Blumen-Mediums Frau Rothe.
Ein Kapitel zur Beurtheilung von Medien,
Von Dr. med. Alexander Fischer in Hamburg.
I.
Als vor einigen Jahren Frau Rothe, zur Zeit in
Chemnitz, hierselbst in Hamburg Sitzungen gab, war das
Resultat derselben ein derartiges, dass neben unzweifelhaften
betrügerischen Manipulationen (sie wurde bei dem Versuche
der Darstellung von Phantomen mit Hilfe des Magnesium-
Blitzlichtes entlarvt; sie hatte in den benachbarten Läden
Blumen gekauft,) fast ebenso unzweifelhaft echte Blumen-
apporte beobachtet wurden. Schon damals trat ich für die
Echtheit einiger dieser Apporte ein, besonders im Hinblick
auf das in ganz kurzer Zeit vor sich gehende Bedecktwerden
des Tisches mit Blumen und langen Goldregenzweigen
.
Auf dem jüngsten Dresdener Oecultisten-Congresse*) sah
ich Frau Rothe wieder, und auch dort, mitten im Sitzungssaale
, producirte sie auf meine Bitte (also wohl ganz
unvermuthet) Blumenapporte. Den schönsten Strauss aber
(Kornblumen und weisse Nelken) erhielt die Gattin des
Fabrikbesitzers Herrn R. PL aus R. bei Dresden. Auf mein
Befragen erklärte die Dame, Mitglied des Dresdener
Occultistenvereins, den resp. Apport für unzweifelhaft echt:
— sie habe plötzlich oberhalb des linken Kniees ein ganz
eigenartiges Kälte- (kein Druck- und Berührungs-)Gefühl
empfunden, und siehe, beim Hinblicken lag ein Blumenstrauss
auf ihrem Schoosse. (Frau Rothe sowie deren Begleiter
sassen am entgegengesetzten Tischende). Es wurde nun für
den anderen Tag in der Wohnung des Fabrikbesitzers
Herrn Ä. PL mit Frau Rothe eine Testsitzung verabredet,
an der ich aus dem Grunde nicht Theil nahm, um durch
unangenehme Hamburger Reminiscenzen in Folge meiner
Anwesenheit nicht etwa Frau Rothens Kraft zu beeinträchtigen.
Das Resultat dieser Sitzung jedoch wurde mir in dem unten
abgedruckten Briefe des Herrn R. P. mitgetheilt, und diesen
zu veröffentlichen, habe ich für nöthig gehalten zur Ehrenrettung
der Frau Rothe sowohl, als auch im Interesse der
Wissenschaft. Die Intelligenz und Vertrauenswürdigkeit
des mir persönlich bekannten Herrn R. PL wird für den sich
überzeugen lassen wollenden Leser des Briefes aus
diesem selbst evident erhellen.
*) Vergl. „Psych. Stud." Juli-Heft 1897 S. 399. —
Der Sckr, d, Red«
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