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Dr. Fischer: Der Fall des Blumen-Mediums Frau Rothe. 575
Nach einigen einleitenden Worten, die aus der Bibel
verlesen wurden, fand dann die eigentliche Sitzung statt;
doch muss ich verzichten, hierauf näher einzugehen, da es
sich nur um Dinge durchaus interner Natur handelte, die
aber so zutreffend waren, dass die Möglichkeit, es habe
durch das Medium ein anderer Geist gesprochen, viel Wahrscheinliches
für sich hat. Den Hauptgegenstand schien meine
eigene Person zu bilden. Die Blumen-Apporte blieben nicht
aus, und zwar habe ich, während das Medium die Hände
frei über dem Tische hielt, eine ziemlich grosse Anzahl
(circa 50) weisser Nelken und 4 oder 5 Rosen erhalten. Es
war, als entständen die Blumen aus der linken Hand des
Mediums, und ich habe dieses mit so grosser Deutlichkeit
gesehen, bez. beobachtet, dass jede Täuschung, sei sie auch
noch so geschickt vollführt, zur absoluten Unmöglichkeit
gehört.
Noch will ich hinzufügen, dass JFrau Rothe und Herr
Jentzsch (vide Anmerkung!) von Herrn Dr. med. S., meiner
Frau und mir auf dem Bahnhofe in Empfang genommen, in
unsere Wohnung geleitet, hier ununterbrochen scharf
beobachtet und zuletzt wieder zur Bahn geleitet wurden.
Wünschen Sie noch nähere Details zu haben, dann bin ich sie
selbst zu geben gern bereit,*) doch nehme ich an, es genügen
*) Sehr geehrter Herr Doctor! — Ich theile Ihnen auf Ihre gefällige
Anfrage noch mit, dass es den Anschein hatte, als ob die
Blumen quasi aus dem Körper des Mediums entstanden wären. Frau
Rothe hielt beide Hände über den Tisch und zwar so, dass die eine
mindestens 75 cm von der anderen entfernt war. Durch die Rede des
Mediums war ich auf das, was da kommen würde, völlig vorbereitet
und hatte also Zeit, gewisse Punkte scharf zu fixiren. Unmittelbar an
der Handwurzel, also da, wo das Handgelenk von einem enganliegenden
Kleiderärmel umschlossen wird, erschienen erst zwei und dann mehrere
weisse Nelken, bis plötzlich — mit einem Male — eine grosse Anzahl
Nelken und Rosen wie zu einem Strauss vereint auf den Tisch „geworfen"
wurden. Ich sage geworfen, denn die Geschwindigkeit, mit der dies
geschah, lässt sich nicht anders definiren. Die Blumen waren fast
sämmtlieh aufgeblüht und zeigten keinerlei Spuren der Verwelkung
oder Verletzung. — Ich möchte hier noch gleich bemerken, dass der
Speisetisch allerdings mit einer weissen, ca. 20 cm über die Seiten
herabhängenden Decke belegt war, dass diese aber keineswegs ein
bequemes Beobachten alles sich unter dem Tische Zutragenden behinderte
. — Während des Erscheinens der Blumen hatte das Medium
die Hände frei über dem Tische (und zwar ca. 15 bis 20 cm über der
Tischplatte und c*. 60 cm von meinen Augen entfernt). Während des
ganzen Verweilens in meiner Wohnung ist Frau Rothe einer ununterbrochenen
Kontrolle ausgeset&t gewesen. Den Artikel Nr. 159 vom
10. Juni er. der „Deutschen Wacht" [vgl. Juli-Heft er. S. 898] habe ich
nicht gelesen. Gern zu Diensten, grtisse ich Sie, zugleich Namens
meiner Frau, und bin Ihr ergebenster
R. bei Dresden, den 24. Juni 1897. B. PL
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