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Payebiscbe Studien. XXIV. Jahrg. 11. Heft (November 1897.) 605
sich schon hoch interessant war, machten wir ausserdem
noch eine merkwürdige Beobachtung. Zur Zeit, als sich
dies zwischen unseren vier Wänden abspielte, befand sich
zufallig der Hund unserer Hausfrau in demselben Zimmer.
Das arme Thier zitterte am ganzen Körper, heulte und
winselte schrecklich, und kroch mit eingezogenem Schweif
unter das Bett, ab und zu einen scheuen Blick gegen den
rasenden Tisch werfend. Daraus schliesse ich, dass das
Thier, wenn nicht den Geist gesehen, so doch entschieden
seine Nähe gefühlt haben musste, die nach dem auffallend
furchtsamen Benehmen des Hundes keinen angenehmen
Eindruck auf denselben hervorgerufen zu haben schien.
Bald darauf kamen „die guten Geister", wie sie sich
selbst nannten, einige Verwandte, dann Bischof Müller u. s. w.
und sagten: — „Gott sei Dank! Das war ein Kampf!
Wir haben Euch geholfen. Er kommt nimmer." — Hierauf
weihte Müller,*) Weihwasser verlangend, das Zimmer ein
und zeichnete mit dem Sesselfusse auf jener Stelle, wo
Vöcklinger den Tisch mit solcher Vehemenz hingeschleudert
hatte, mehrere Kreuzzeichen. Auch das eben Erzählte
geschah bei vollem, normalem Bewusstsein des Mediums.
Ich komme nun zu einem Kapitel, das ich, wie ich
früher bereits angedeutet habe, erst jetzt einer ausführlicheren
Besprechung unterziehen will. Es ist dies der sogenannte
„Offenbarungs-Spiritismus." Wie ich schon oben
mittheilte, hat sich dieser oder jener Geist für diese oder
jene ganz bestimmte Person ausgegeben, sich also als
Napoleon, als Kant^ als Heine u. 8. w. geoffenbart und
manifestirt, hat als solcher Identitätsbeweise zu bringen
versucht, oder Geschichten obscurer Natur aus seinem Leben
erzählt, Anekdoten, deren Wahrheit man in diesem Falle
„gar nicht beweisen", meistens „Lügen strafen"
konnte. So kam z. B. am 25. April 1895 zum ersten Mal
ein gewisser Bertram Holmann, Doctor, Hofrath und Mitglied
der Akademie der Wissenschaften in Paris, von Geburt
ein Deutscher, gewesener Oberst in der deutschen Armee,
96 Jahre alt geworden und im Jahre 1891 zu Paris gestorben.
Soweit die Mittheilungen über seine Persönlichkeit. Er
selbst wie auch die anderen Intelligenzen erklärten uns:
— „Berti", wie wir ihn nennen mussten, sei ein sehr hoch
stehender Geist, und wir könnten uns nur geehrt fühlen,
dass er unseren Cirkel durch seine Anwesenheit auszeichne.
Er sei in einer noch höheren, reineren Sphäre als Kant und
Swedenborg. Wenn er und „Edi" kamen, so durchrieselte
*) Müller, ein verstorbener Bischof von Linz.
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