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670 Psychische Studien. XXIV. Jahrg. 12. Heft. (Decemher 1897.)
dem Jahre 1830 hinterlassene Nachricht über den so eben
erwähnten Heilschäfer und Schulzen von Gr. Rosen. Daselbst
heisst es: — „Peschel, Gottfried, aus Kolbnitz [bei Jauer],
1756 den 30. September geboren, wird 1782 Kretschambesitzer
und Gerichtsscholz zu Gr. Rosen, und verrichtete
mittelst einer besonderen Salbe wunderbare Heilungen von
Knochenbrüchen und Verrenkungen. Er erhielt die Erlaubniss
zur Cur vom Minister Grafen von Hoym unter'm 14. September
1789 ausgestellt nach vielen vorhergegangenen Anfeindungen
der Aerzte. Er besuchte alsdann öffentlich die Wochenmärkte
in Jauer und Striegau, wo er in den Drei Linden
und im Braunen Hirsch und später in der Goldenen Krone
zusammenströmende Leidende aller Art kurirte. Auch die
Söhne desselben erhielten unterem 27. September 1828 in
Berlin in Folge Allerhöchster Bestimmung die Erlaubniss
zur Heilung von Knochenbrüchen und Verrenkungen. 1828
beim schlesischen Manöver zeichnete König Friedrich
Wilhelm III. den 73jährigen Greis durch eine lange Audienz
in Conradswaldau und durch Verleihung des Allgemeinen
Ehrenzeichens 2. Classe aus." — Dieselbe Ehrung und Vergünstigung
widerfuhr auch dem Bunzeiwitzer Heilscholzen
Goebel, dem Grossonkel meiner Mutter. —
Die Pflanzenkunde der wichtigsten Heilkräuter und die
Bereitung von Salben war in der Familie von Geschlecht
zu Geschlecht überliefert worden, denn auch meiner Mutter
ältere Schwester, die Muhme Klingberg zu Jauer, kannte
und wandte sie gelegentlich an. Meine Mutter konnte seltene
Salben bereiten, so besonders eine sogenannte „Goldwurzelsalbe
" gegen Hämorrhoiden, die sie aber nur um die Zeit
von Johanni aus der in den Striegauer, Kohlhöher und
Rosener Bergwäldern gesammelten gelbblühenden Goldwurzel
(nicht Goldwurz, sondern eine Fettpflanze) mit verschiedenen
anderen Heilkräutern herstellte und durchaus nicht etwa
öffentlich feilbot, sondern nur unter der Hand befreundeten
Kranken verabreichte. (Vergl. „Psych. Stud." September-Heft
1893 S. 430.) Sie forderte nach einem uralten Volksglauben,
dass Zahlung heischen die Heilwirkung beeinträchtige,
zunächst niemals eine andere Bezahlung, als nur ein — „Der
liebe Gott bezahPs!" — und nahm nur nach glücklich
verrichteter Kur, was ihr die Leute nachträglich aus freiem
Antriebe schenkten, was jedoch ihre Opfer an Zeit und
Mühen, ihre vielen Wege zu den Kranken zu bestimmten
Stunden, ihre eigenen Auslagen an dazu verwendeten und
von ihr vorher mit gewissen kurzen Gebetsprüchen gesegneten
Heilmitteln selten ausglich. Doch dieser Trieb, ihre kranken
Mitmenschen selbst in schweren Fällen zu pflegen und zu
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