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Fr. Sch.: Etwas über Träume.
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ältere Fichte beigezählt Der jüngere Fichte erzählt jedoch
von seinem Vater in seiner Psychologie, dass dieser im
Schlafe durch Sprechen und Bewegungen eine energische
Traumthätigkeit verrieth. (Psych. § 264.) Somit könnte man
auch unbewusst träumen? Gewiss! — wie viele Personen
giebt es, die im Schlafe reden, ja wandeln, und die doch
nachher nichts hiervon wissen! — Giebt es aber thatsächlich
unbewusste Träume? mit nichten! Es existirt ein Traum-
bewusstsein, das sich nur zum Theil mit dem wachen deckt,
und zwar, insofern es in dieses hinüber schimmert. Das
Traumbewusstsein kann auch ein völlig isolirtes sein, wie
der magnetische Tiefschlaf zeigt. Hier äussert sich zwar
der Träumende im Schlafzustande, erinnert sich aber
hernach nicht an's G eträumte. Doch mit aussergewöhnlichen
Traumerscheinungen wollen wir uns hier nicht befassen. Der
gewöhnliche Schlaftraum schon ist ein überaus reiches
Gebiet für psychologische Forschung und gestattet die
tiefsten Blicke in das verborgene Seelenleben. Nur ist dabei
erforderlich, dass wir beobachten, uns selbst beobachten.
Gewiss jeder könnte bei genügender Selbstbeobachtung aus
seinem Traumleben reiches Kapital schlagen; denn im
Traume sind wir der Reflexion bar, die das wache Leben
beherrscht; da erschauen wir unmittelbar die Welt unseres
Innern. Ist's nicht die ganze Welt, so ist es doch ein
Gebiet derselben, das jedoch in intensivstem Lichte erstrahlt.
Wir sind da fast in derselben Lage wie der rastlos
thätige Geschäftsmann, den der Markt des Lebens die meiste
Zeit gefangen hält. Sein Thun und Wirken richtet sich
nach aussen; von aussen her ist er in Anspruch genommen.
Es scheint, als kenne er keine Welt als die seines ausgedehnten
Geschäftskreises. Und doch beginnt für ihn das
eigentliche Leben vielleicht erst dann, wenn er inmitten
des engen Familienkreises steht, wo er in und mit den
Seinen sich selbst besitzt. Hier kann er sich auch geben,
wie er ist; hier ist er nimmer Geschäftsmann, sondern
unbefangener, ungezwungener Mensch. Hier im stillen
Heiligthum des Hauses führt er ein Leben für sich.
So ganz uns selbst mit allen unseren Gefühlen und
Regungen, mit all unserem Dichten und Streben, so ganz
uns selbst besitzen wir im Traum. Da bewegen wir uns in
einer abgegrenzten Welt, die aber ganz unsere Schöpfung
ist, die ganz in uns lebt.
Der Traum redet eine eigene Sprache. Da knüpft sich
nicht, wie beim wachen Denken, Begriff an Begriff, Ab-
stractes an Abstractes. Nein, der Traum hat einen sehr
concreten Inhalt. Bilder in der Sattheit der Lebensfülle
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