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72 Psychische Studien. XXV. Jahrg. 2. Heft. (Fehruar 1897.)
Fall Die neuesten Resultate, die Sie erhielten, vervollständigen
Ihre früheren Materialisations-Experimente und
sind in Uebereinstimmung mit der schönen Vision, die Ihnen
das Räthsel erklärte. Wir können keinen Geist sehen,
aber wünschen einen zu sehen. Wir können uns einen
Geist nicht anders vorstellen als in einer menschlichen
Gestalt; und so stellen -'&ie' eben zu diesem Zwecke her,
was sie können. Solches waren die Gestalten und menschlichen
Köpfe, welche Sie in der Dunkelheit gesehen und
gezeichnet haben (nach pag. 151); solches waren ganz
zuletzt die unsichtbaren menschlichen Gestalten, die Sie bei
Tageslicht oder bei Magnesiumlicht photographirt haben.
Ich bin geneigt, anzunehmen, dass, wenn Sie im Dankein
gesessen hätten, Sie diese Gestalten auch gesehen haben
würden. Schliesslich waren solche auch die materialisirten
sichtbaren Gestalten, welche in Gothenburg photographirt
wurden, und von denen Sie ein Bild unter dem Namen
Leila auf den pag. 310 und 312 geben. Alle diese sind nur
Versuche, uns etwas Greifbares für unsere Sinne zu geben,
Versuche, die lediglich beweisen, dass hinter diesen Gestalten
geistige Kräfte in Wirksamkeit sind. Dass diese
Gestalten nicht für die Ebenbilder von Geistern zu nehmen
seien, wurde uns von ihnen schon von Anfang an gesagt.*)
*) Ich betrachte folgende drei Erscheinungsarten menschlicher
Gestalten: — 1) die transscendente, für Alle unsichtbare Erscheinung,
2) die halb-transscendente, dem Medium allein sichtbare Erscheinung
und 3) die materielle, für Alle sichtbare Erscheinung — als die drei
Typen des Grund-Phänomens der Materialisation. Ausnahmsweise finden
wir sie hier in der Erfahrung eines und desselben Mediums vereinigt,
Grund genug, sie als mit einander verwandt anzusehen. Indem ich
diese Gestalten, von denen ich eine grosse Sammlung habe, das Buch
aber nur einzelne Proben giebt, genau vergleiche, zeigt sich mir das
Phänomen der Materialisation unter einem anderen Lichte, und ich werde
mir gestatten, folgende Definition davon zu geben: — Wir können
annehmen, dass die Materialisation von ganzen menschlichen Gestalten,
sowie von Köpfen und Gesichtern, nur ein mehr oder weniger in
Betreff ihrer Lebenskraft gelungenes, nur ein mehr oder weniger
kunstvoll ausgeführtes Fabrikat oder Machwerk von Seiten eines
Operators oder einer unbekannten Kraft sei. Uebrigens ist diese Idee
nicht neu, aber die Definition erscheint mir genauer.
Wir dürfen nicht unbeachtet lassen, weil das Experiment uns
dies beweist, aber von diesem Standpunkte aus ist es leichter zu begreifen
, dass diese Fabrikate in ihren gröberen Manifestationen
zuweilen manchmal zum Misskredit des Mediums in eine wahre
Maskerade verfallen, welche die Einbildungskraft des noch unerfahrenen
Beobachters blendet, der es mit einer schönen Materialisation
zu thun zu haben glaubt, während ihr Schein durch Apport (Herbeibringung
) von Kleidern, Haartouren, Barten und Masken, welche im
Nu auf verborgene Weise verschwinden, erzeugt ist. Man darf nicht
vergessen, dass die Mystifikation, welche von Jenseits sogar bis zu
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