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Bohn: Die oceulten Fähigkeiten Kaapar Hauser's etc. 89
ganz besonders häufig entwickelt zu sein. Kein Neger ist
von deren Vorkommen überrascht; nur die zur Unnatur
erzogenen Europäer sehen und merken meistens ebenso
wenig in Afrika wie hier daheim, was Uebersinnliches
am hellen Tage um sie her vor sich geht." — Weiteres
findet man bei Homcyer.1)
Hier liegt nun der Grund des eigenartigen Verhältnisses
zwischen a und b tiefer. Die Bedingungen, von denen die
Wirkung a*s abhängt, sind hier gänzlich andere. Die geringere
intellectuelle Entwickelung von Thieren und Naturvölkern
begünstigt das leichtere Auftreten occulter Fähigkeiten.
Sie stehen in innigerem Zusammenhange mit dem Weltganzen
, sie leben mehr in der Natur. Noch hat sich nicht
der Wall unserer jetzigen Lebensbedingungen zwischen
übersinnliches und sinnliches Empfinden geschoben. Und
wo wir unter den jetzigen Verhältnissen mit rohem Zwang
zum übersinnlichen Lichte hindurchdringen müssen, bietet es
sich unter anderen Verhältnissen von selbst dar. Der Effect
b bedarf keiner oder nur einer geringen Störung a, weil das
Niveau der Bedingungen ein anderes geworden ist.
Ueber das Verhältniss des Wesens der Störung
zu ihrer Wirkung wissen wir wenig. Wir vermögen noch
nicht den Schleier des „Ignoramus" zu heben, der uns jenes
Wissen verhüllt, aus welchem Metall der Pfeil der Störung
geschmiedet sein muss, um das Erz der Hindernisse zu
durchdringen. Jedenfalls scheinen Bewusstseinsstörungen
die geeignetsten zu sein. Dies liegt wohl daran, dass sie
am umfangreichsten den Organismus beeinflussen. Denn die
umfangreichste Störung ist unter allen Verhältnissen die
wirksamste. Trance, Somnambulismus, Hypnose sind die
gewaltigsten Mittel, die uns zur Verfügung stehen.2) Hieraus
erklärt sich auch das Hervortreten des oceulten Elementes
im Todesmomente. Nicht mit Unrecht konnte Kerner von
der Seherin von Prevorst behaupten, dass sie „im Sterben
aufgehalten, jahrelang zwischen Jenseits und Diesseits
schwebte."8) Dieser jahrelange Todeskampf war die sicherste
Bedingung für das Eintreten der bei ihr beobachteten
Phänomene.
Die gewaltige, das ganze Leben in seinen Tiefen
erschütternde Zerrüttung unserer normalen Lebensäusserung
im Tode ist die furchtbare Bedingung, die die Natur hier
!) F. t>. Homeyer; — „Wanderungen der Vögel." 1881, S. 300 ff.
8) Cf. Siembeek: — „Ueber die Verbindung der Poesie und der
Sprache mit dem Hellsehen." 1886, S. 542 ff. und Schubert: —- „Ahnungen
n. a. Geschichte des Lebens." II, 1. S. 14.
3) Justinus Kerner: — „Seherin von Prevorst." (Reclam.) S. 46,
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