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158 Psychische Studien XXV. Jahrg. 3. Heft. (März 1898.)
k) Zwei spirituelle Erlebnisse üLieck's*) -
Ludwig Tieck, der berühmte Dichter, berichtet folgende
schaurige Erlebnisse: — „Im Jahre 1814, als ich bei meinem
Schwager Alberti wohnte, begegnete mir etwas Ausserordentliches
, was ich noch nicht begreifen kann. Die
Oberetage war leer geworden, indem die Wittwe des
kürzlich verstorbenen Herrn von Behrend ausgezogen war.
Ich hatte in der Nacht Briefe geschrieben, war sehr aufgeregt
und Hess mein Bett in die leere Stube stellen, wo
ich mich sehr ermüdet niederlegte und sehr gebeten hatte,
dass mich auf einige Stunden Niemand stören sollte. So
wurden von beiden Seiten die Stuben verschlossen, ich legte
mich in den Kleidern nieder und erstaunte nicht wenig, als
ich mit Geräusch die Thür des Vorzimmers aufreissen hörte
und dann ein Mann hereinkam im blauen Frack, der etwas
unter dem Rocke zu tragen schien. Ich begriff den Alberti
und seine Leute nicht, dass sie meine dringende Bitte nicht
mehr beachtet hatten. Ich sah indess die hell erleuchteten
Wände an, die kleinen Löcher, wo Bilder gehangen hatten,
als plötzlich die Thür des Vorzimmers noch einmal mit
Geräusch geöffnet wurde. Derselbe Mann trat wieder ein
und ging an meinem Bett vorüber. Nun glaubte ich Ruhe
zu haben; aber kaum hatte ich die Augen zugethan, so
erfolgte unter denselben Umständen dieselbe Geschichte.
Ich richtete mich auf und sah denselben Mann verdriesslich
an und wollte ihm etwas Empfindliches sagen, als er nach
kurzem Stillstehen mich fixirend wieder durch die Stube
nach der andern Thüre ging und ich nun erst einschlafen
konnte. Als ich meinem Schwager diese Begebenheit klagte,
begriff er sie nicht; die Köchin wurde herein gefordert, sie
schwur, dass sie selbst Alles vorsorglich verschlossen habe,
und als ich den Mann schilderte, sagte Alberti mit Erstaunen,
ich male ganz genau das Bild des verstorbenen Miethsmannes
von Behrend." — [Man vergl. hierzu „Im Kampfe mit einem
Gespenst" vom Grafen Alex. Fredro. November-Heft 1897
S. 596 ff] —
„Es war im Spätherbst 1828, wo Friedrich Schlegel seine
Vorlesungen in Dresden hielt, die er bald darauf im Januar
1829 mit seinem Tode beschliessen musste. — Ich schlief
damals ohne Nachtlampe, die ich seit meiner Kindheit
gewohnt war. Plötzlich flog mir ein eiseskalter Wind
über die Augenlider, so dass ich vor Schreck erwachte
*) Der Mittheiler D. hat sie irrthömlich im „Neuen Blatt" Nr. 50
1897 als Träume bezeichnet. Der Inhalt widerspricht dem. —
Der Sekr. d. Red.
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