Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
25. Jahrgang.1898
Seite: 233
(PDF, 192 MB)
Bibliographische Information
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I

Wedel: Das Uebersiimlicke io der deutschen Litteratur etc. 233

In der Scene unter dem Hollunderbnsche sehen wir sie
alsdann im vollen somnambulen Schlafe. Der Graf setzt
sich mit ihr in "Rapport und erhält nun von ihr Aufschluss
über ihr Betragen, denn das somnambule Bevvusstsein
umfasst auch das des Wachzustandes. Hierdurch wird auch
für ihn die Saite der Erinnerung angeschlagen, und seine
Sympathie gewinnt die Oberhand. Wenn etwas noch mehr
unsere Bewunderung erregen muss, als die poetische
Schönheit des Werkes, so ist es die Art und Weise, wie
der Dichter sich hier die Phänomene des Somnambulismus
dienstbar gemacht hat, ohne etwas hinzuzuthun oder abzuändern
, und wie dieselben sich unter seinen Händen zu
einem unvergleichlichen Gebilde der Dichtkunst zusammen-
thun. — In noch kühnerer Weise verwerthet Kleist den
nämlichen Seelenzustand in seinem Meisterwerke, dem
„Prinzen von Homburg". Beim ilnfange sehen wir den
Helden, im somnambulen Schlafe, sich einen Kranz windend;
im somnambulen Schlafe erblickt er Natalie zum ersten
Male und wird von ihr bekränzt. Als sie sich entfernt,
erhascht er ihren Handschuh. Beim Erwachen in einem
Augenblicke der Verwirrung wirft er ihn fort; als er ihu
aber später wieder aufnimmt, tritt in Folge von Ideen-
association — in niederen Zuständen des Somnambulismus
bleibt bekanntlich manchmal die Erinnerung, und Homburg
befindet sich in einem solchen, — das geschaute Bild in
Form einer idealisirten Vision vor seine Seele. Hohenzollern
sucht ihm einzureden, dass alles nur ein leerer Traum sei.
Damit schliesst die erste Scene« Während nun die Rollen
für das blutige Drama von Fehrbellin au-getheilt werden,
erblickt der Prinz das Wesen wieder, welches ihm zuvor als
Genius erschienen war. Wiederum geräth er durch den
Anblick in einen Zustand leichter Somnolenz, wie man heute
sagen würde; und dies, nicht etwa eine gewöhnliche Verliebtheit
, macht ihn unfähig zum Anhören der Befehle.
Der Handschuh, welchen das Fräulein vermisst, und den
er bei sich entdeckt, vertieft den Zustand noch mehr; und
so geschieht es, dass er von den ihm ertheilten Aufträgen
so gut wie gar nichts vernimmt. Dass der Dichter es
wirklich so gemeint hat, geht aus einer sehr feinen
Bemerkung hervor, welche zugleich beweist, wie tief Kleist
in die Verhältnisse der somnambulen Zustände eingeweiht
gewesen «ein muss. Es ist eine beim gewöhnlichen Traume
schon oft zu beobachtende und im mesmerischen Schlafe
ganz gewöhnliche Thatsache, dass die Dinge spiegelbildlich
verkehrt erscheinen. Da sich nun der Prinz beim Kriegs-
rathe in einem ganz leichten Zustande von Somnolenz


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