Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
25. Jahrgang.1898
Seite: 234
(PDF, 192 MB)
Bibliographische Information
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234 Psychische Studien. XXV. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1898.)

befand, so sind ihm einige Bruchstücke daraus in der Erinnerung
zurückgeblieben, darunter die Stellung des Obersten
Hennings. Als ihm diese nun ein Officier während der Schlacht
auf dem rechten Flügel zeigt, sagt er erstaunt: —

„Was zum Henker!
Der stand ja gestern auf des Heeres Linken!"

Da ihm aber eine zusammenhängende Erinnerung nicht
geblieben ist, so handelt er gegen den ausdrücklichen Befehl
des Kurfürsten und greift früher in die Schlacht ein, als
ihm dazu Ordre kommt. Durch den Somnambulismus wird
also in diesem Drama geradezu der Knoten geschürzt. Und
mit merklicher Konsequenz hat Kleist hier an den leichteren
Graden dieses Zustandes festgehalten, wie im „Ifäthchen"
an den tieferen. Wie ein Dichter, welcher es unternimmt,
uns das unbewusste Leben der Psyche vorzuführen, dabei
verfahren muss, wird uns hier gezeigt; wie er es nicht
machen soll, werden wir später bei Besprechung eines Dramenschreibers
unserer Zeit seien. — Auch in „Penthesilea*
spielen diese alternirenden Bewusstseinszustände eine grosse
Rolle. Aber nicht nur der Somnambulismus mit seinen seltsamen
Erscheinungen war dem Dichter vertraut, in der kurzen
Erzählung — „Das Bettelweib von Locarno" — behandelt
er eine richtige Spukgeschichte. Der Besitzer eines Schlosses
hat eine alte Frau, welcher seine Gattin Nachtquartier
gewährt hatte, in harter Weise angelassen, und als sie,
seinem Befehle folgend, sich entfernen wollte, war sie ausgeglitten
und an den Folgen des Sturzes gestorben. Nach
ihrem Tode nun hört man allnächtlich gespenstische
Geräusche im Schlosse, bis der Besitzer aus Verzweiflung
darüber dasselbe in Brand steckt und in den Flammen
umkommt. Ob Kleist den Stoff zu dieser Anekdote — denn
mehr ist es kaum — aus sich geschöpft, oder vielleicht bei
seinem Aufenthalte in der Schweiz erfahren hatte, konnte
nicht ermittelt werden. — „Die heilige Cäcilie, oder die
Macht der Musik" — schildert eine Episode aus der Zeit der
Bilderstürmer. Ein Nonnenkloster in Aachen soll zerstört
werden; da rührt die Gewalt der Töne, wie sie in einem
während des Gottesdienstes aufgeführten alten Musikwerke
sich ausprägt, die Rädelsführer und versetzt sie in eine Art
von dauerndem Somnambulismus. Das bewusste Musikwerk
konnte aber nur von einer Nonne dirigirt werden, welche
sich zur Stunde in heftigem Nervenfieber befand und Tags
darauf starb. Während sich diese nun völlig bewusstlos in
ihrer Zelle befand, gepflegt von einer anderen Klosterschwester
, erschien ihr Doppelgänger in der Kirche und
waltete ihres Amtes in einer Weise, die, wie gesagt, zur
Rettung des Klosters beitrug. (Fortsetzung folgt.)


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