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Kurze Notizen.
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Geburt, in Kirchenbüchern, Registern und sonstigen schriftlichen
Ueberlieferungen, viele Fehler nachweisen, da der
Astrolog bei der Aufstellung der Nativität mit gewissenhaftester
Genauigkeit rechnen musste, weil mit seiner
Procedur die Constellation der betreffenden Gestirne zusammenhing
. Die Stadtbibliothek zu Leipzig besitzt die
Abschrift eines solchen astrologischen Werkes, welches,
268 Blatt stark, die Nativität vieler berühmter Männer aus
den Zeiten der Reformation enthält. Verfasser war der
Mathematicus und Professor der Weltweisheit Erasmus
Reinhold der Aeltere in Wittenberg, welcher auch nicht
verfehlt hat, dem Buche sein eigenes Horoskop einzufügen,
nach welchem er am 22. October 1511 als Sohn eines
Schössers m Saalfeld geboren wurde. Er war ein Schüler
Melanchthon'**) und ein guter Grieche. Luther und einige
wenige Gelehrte in Wittenberg wollten nichts vom Horoskop-
steilen wissen, während dagegen Melanchthon und viele Andere
zu den überzeugten Verehrern der Astrologie gehörten.
Reinhold war im 16. Jahrhundert einer der tüchtigsten und
angesehensten Astronomen und Mathematiker Deutschlands.**)
Seine obengenannte Schrift enthält unter Anderem die
Nativitäten von verschiedenen Nürnberger Patriciern, darunter
Löffelholz, Mutzier und Rötlicher, sowie von angesehenen
Leipzigern, wie den Bürgermeistern Ludwig Fuchs und Wolf
Wiedemann, Prof. Zacharias Schilter und Prof. Camerarius
und dessen vier Kindern, dem gelehrten Caspar Lansiedel und
dem Juristen Theodorus Schindel. Bei Wittenbergern brachte
er seine Constellationen auch mit interessanten Familienangelegenheiten
in Verbindung, so bei Melanchthon, wie schon
gedacht, seinem gläubigen Verehrer. Wir erfahren daraus,
*) In dem jüngst erschienenen Werke: — „Shadow Land" — von
Mrs. E. d'Espe'rance (London, George Redtvay, 1898) befindet sich
zwischen pag. 396—397 das mediumistisch am 14. Februar 1897 erhaltene
vermutliche Portrait des Philipp Melanchthon, der — wie die Verfasserin
belichtet — sie und ihre Mitsitzenden, Mr. Fidler und dessen Tochter,
zunächst an Russ oder an Kinen erinnerte, dessen Portrait wir möglicherweise
schon gesehen hatten, der aber augenscheinlich, nach seiner
Kleidung zu urtheilen, im Mittelalter gelebt hatte. Am folgenden
Donnerstag waren wir überrascht, in den Tageszeitungen Artikel zu
finden, welche das Leben und Wirken Philipp Melanchthon** beschrieben,
der am 16. Februar 1497 geboren war, und wir erkannten hierauf die
Aehnlichkeit zwischen der Transseendental-Pbotographie, die wir erhalten
hatten, and dem Portrait Melanchthon'*." —
Der Sekr. d. Red.
**) Ueber Melanchthon und einige andere Astrologen jener Zeit
berichtet mein Artikel: — „Die Nativität oder das Horoskop" — in
„Psych. Stud." Juni-Heft 1897 S. 800 ff. noch Eingehenderes. —
Der Sekr. d. Red.
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