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Goebeler: Auch ein Beitrag zur Psychologie des Spirits. 267
einmal während ihrer frühesten Jugend mit irgend einem
Herrn Weber in Verbindung gestanden hätte, konnte sich
aber absolut nicht besinnen, wer oder was dieser Herr Weber
gewesen, auch nicht, welcher Art der Verkehr der beiden
Herren war. Jedenfalls blieb aber Weber unser ständiger
Correspondeni im „Jenseits." Im Laufe der verschiedenen
folgenden Sitzungen, die sich auf den Zeitraum eines Jahres
vertheilten, berichtete er noch mancherlei aus seinem angeblichen
Erdenleben, Wir hörten unter aanerem, dass er weite
Reisen gemacht habe, besonders nach Norwegen und England
; dass er nicht verheirathet gewesen sei, aber eine
Geliebte gehabt habe u. s. w. Als seinen Vornamen nannte
er „Otto" Nach dem individuellen Charakter seiner Mittheilungen
zu scbliessen, musste er im Leben ein ziemlich
lustiger Bruder gewesen sein. Er hat einen guten Humor,
nimmt es aber mit dem, was wir armen Erdenkinder nun
mal noch unter Moral verstehen, nicht sehr genau, das
heisst, er bekannte sich, wahrscheinlich kraft seiner höheren
geistigen Entwickelung, entschieden als Anhänger der freien
Liebe und zeigte auch sonst einen starken Hang zur Frei-
geistigkeit. Der frömmelnde Zug, welcher den spiritistischen
Mittheilungen sonst eigen ist, fehlt denen Weber's vollkommen
(auch denen unserer anderen Spirits). Es ist uns verboten,
„Gott zum Gruss!" zu sagen, weil — „der Name Gottes
zu heilig ist, als dass irrende Menschen ihn strebenden
Geistern zum Grusse bieten dürften".
Obgleich wir uns aaf verschiedene Weise Mühe gaben,
Weber9* Angaben zu prüfen, war es uns doch nicht möglich,
irgend etwas Genaueres zu erfahren. Eine frühere Landsmännin
von uns, die wir einmal gelegentlich trafen, wollte
sich allerdings erinnern, dass vor langen Jahren ein
Kaufmann Otto Weber in Potsdam existirt habe; über sein
Privatleben und seinen Charakter aber wusste auch sie
nichts. — Dafür hatten wir Gelegenheit, in einem anderen Fall
die Wahrheitsliebe der Spirits zu erkennen. Wir wohnten
zu jener Zeit im Norden Berlins am Zionskirchplatz, hatten
dort seit mehreren Jahren schon eine sehr hübsche Parterre-
Wohnung inne, die, am grossen grünen Park gelegen, in
jeder Beziehung unseren Wünschen entsprach. Meine Mutter
hatte im October 1895 den Contract verlängert; verschiedene
Gründe privater Natur machten es uns überdies auf lange
Zeit hinauo noch unmöglich, an ein Verlassen der Wohnung
zu denken. In den letzten Tagen des Octobers 1895 nun
hatten wir wieder einmal Schreibsitzung. Anwesend waren
meine Mutter, mein Bruder und jener Herr, der meine
mediale Veranlagung zuerst entdeckt hatte, ein Berufsgenosse
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