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280 Psychische Studien. XXV. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1898.)
dritte mit Blaufilter. Naeli diesen drei -Negativen stellt
man drei Druckstöcke her, die bei der Ausführung des
Druckes mit den genannten drei Farben eingewalzt werden.
Durch Uebereinanderlagerung der drei Farben entstehen
im Bilde alle möglichen Farbentöne. Auch dieses Verfahren
hat seine Schattenseiten. Erstens ist man bei Herstellung
der Druckstöcke auf Zinkätzung angewiesen, und die Bilder
zeigen daher die Punktirung der Autotypien. Ferner fallen
die einzelnen Abzüge keineswegs gleichmässig aus. Ein
unvermeidliches Mehr oder Weniger von einer der drei
Druckfarben ändert sofort den Gesammtton der Copie.
Dreifarbendruck lieferte für farbige Buchillustration recht
bemerkenswerthe Resultate, aber als eine befriedigende
Lösung der photographischen Wiedergabe der natürlichen
Farben ist derselbe nicht zu betrachten. Erst das Selle'&cke
Verfahren, welches dem Verfahren des Dreifarbendruckes in
manchen Beziehungen ähnelt, brachte eine glückliche Lösung
des Problems. Dr. Seile, praktischer Arzt in Brandenburg
an der Havel, fertigt ebenfalls drei Negative mit den oben
beschriebenen drei Filtern. Bei der Roth-Aufnahme wird
die Platte für rothe Strahlen empfindlich gemacht, bei der
Grün-Aufnahme für grüne Strahlen, Für die Blau-Auf-
nahme genügt eine einfache Trockenplatte. Unter jedem
der drei Negative belichtet Dr. Seile ein besonders
präparirtes Chromgelatine-Häutchen. Ein solches Häutchen
besitzt die Eigenschaft, an den belichteten Stellen Anilinfarbenstoffe
aufzunehmen, wenn man das Häutchen in
derartigen Farbenstofflösungen badet. Die so gewonnenen,
in den drei Grundfarben gefärbten, zarten Häutchen
schichtet Dr. Seile auf einer Glas- oder Porzellanplatte
übereinander und erzielt damit die wunderbarsten Farben-
effecte. Es ist unglaublich, eine wie grosse Fülle von
zartesten Abstufungen hier zu Stande kommt! Da die
Bilder dunklen Silberniederschlag nicht enthalten, sondern
lediglich aus Farbe bestehen, so sind sie ungewöhnlich
leuchtend und durchsichtig.
„An dem der 'Freien photographischen Vereinigung zu
Berlin' am 4. Februar im Hörsaal des Museums für
Völkerkunde veranstalteten Projectionsabend wurde zum
ersten Male eine grössere Reihe derartiger Aufnahmen
(Diapositive im Format Mxl2 Centimeter) mit Hülfe der
Projection öffentlich vorgeführt. Der Eindruck auf die Zuschauer
war ein überwältigender. Vorgeführt wurden
Reproductionen nach farbigen Drucken, Oelgemälden, ferner
Landschaften, Aufnahmen von Blumensträussen, Schmetterlingssammlungen
, Pfauenfedern u. s. w. Im höchsten Gr ide
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