http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1898/0298
290 Psychische Studien. XXV. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1898)
überblickt worden war, so muss die Explosion also um
3h 45' oder 1—2 Minuten später stattgefunden haben.
Dieser Glockenschlag 3h 45' bis 3h 50' war aber merkwürdiger
Weise die Todesstunde meiner Schwiegermutter
gerade vor einem Jahre, in der Nacht zwischen Donnerstag
und Freitag, und es scheint mir deshalb nicht ungereimt,
diese mit dem Ereignisse in Verbindung zu setzen. Hierzu
finde ich um so grössere Veranlassung, weil es zwischen
meiner Frau und ihrer Mutter eine Frage des Zweifels
war, ob es ein Leben nach dem Tode gäbe, besonders für
die erstere. Wäre das Ereigniss zu irgend welcher anderen
Zeit passirt, so würde ich keineswegs an ein übersinnliches
Phänomen geglaubt haben, sondern ich hätte es als ein
unerklärliches Räthsel dahingestellt sein lassen.
Das Glas, welches sehr dick und stark war, war wie
in grössere und kleinere Vierecke gequetscht, von welchen
einige in kleineren Stücken zusammenhingen, wie unregelmässiges
Steinpflaster, aber durch leichte Berührung aus
einander fielen. Nachdem wir die Betten von allen Glas-
theilen befreit hatten, legten wir uns wieder zur Ruhe und
Hessen am nächsten Morgen das Ganze im Zimmer
unverändert, bis mehrere Augenzeugen die Zerstörung in
Augenschein genommen hatten. Erst Nachmittags 3 Uhr
sammelten wir die Glasstücken zusammen und bewahrten
dieselben auf.
Das Glas selbst, das oben breiter als unten war, (die
geringste Dicke des Glases betrug 2*/2 mm, die grösste Dicke
im Boden 7 mm, das Glas war aussen kanellirt,) hatte
unser jetzt 3^2 jähriger Sohn vor ein paar Jahren von
einem unserer Bekannten als Geschenk erhalten, gerade
weil das Glas nicht leicht entzwei zu schlagen war. Es war
auch schon sehr alt in der Familie, welche es unseren)
Kinde schenkte. Unter anderem hatte es die Reise vom
dritten Stockwerke auf die Holzdiele eines Treppenganges
gemacht, ohne Schaden zu nehmen, sowie es auch öfters in
meinem Hause mit Kraft, sogar von mir selber, auf den
Fussboden geworfen worden war, um die Stärke desselben
zu erproben, ohne darunter zu leiden. Seit längerer Zeit
hatte meine Frau es jetzt benutzt zum Mundspülen, Zähnebürsten
und zum Trinkwasser für die Nacht, und es war
absolut fehlerfrei. Es stand in der Nähe des Kopfkissens
meiner Frau auf einem Stummdiener (kleinen einfüssigen
Tische), vor einem kleinen Toilettespiegel mit Schublade
und ragte ca. */2 Zoll in der Höhe über das Fuszstativ
des Spiegels. Neben dem Glase stand eine Schachtel mit
Zündhölzchen, welche nach der Explosion auf dem Fuss
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1898/0298