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380 Psycnische Studien. XXV. Jahrg. 8. Heft. (August 1898.)
zehn Minuten) erfolgten, dass für eine ganz normale Um-
kleidung des Mediunis die Zeit nicht ausreichen konnte.
Nach der vorangegangenen Analyse scheinen die hier
vorliegenden Erscheinungen der Thätigkeit des eigenen
Spirits des Mediums anzugehören. Dafür im Nachstehenden
einige vergleichende Studien: — Die philosophische Betrachtung
des Menschendaseins gipfelt bekanntlich darin,
dass im Menschen eine uns unbewusst organisirende Kraft
waltet, welche nicht erst nach dem Tode, sondern schon zu
Lebzeiten functionirt. Obige Bildungen können derselben
Kraft angehören, da schon die irdische Erscheinung der
dem Selbstbewusstsein verborgenen Seele stetig transformirt.
Bei gleicher Entwicklung mediumistischer Art liegt nur
ein kürzerer Zeitraum vor. Da aber fast alle transzendentalen
Wirkungen gleiche Abweichungen bezüglich der
Zeitdauer im Verhältniss zu der Entwickelung irdischer
Producte (z. B. im forcirten Pflanzen waehsthum) zeigen, so
kann nach alledem kein Bedenken gegen die Annahme
einer spontanen ideoplastischen Fähigkeit des Mediums
aufkommen. Die sehr lesenswerthen Schriften: — „Menschenzüchtung
und Stigma" (vom Freiherrn Dr. Carl du Prel) —
enthalten weiterhin sehr belehrende Anhaltspunkte. Auch
die der Reflexion nicht entstammenden Traumfiguren geben
Zeugniss, dass hinter dem bewussten Ich ein unbewusst
producirender Bildner sich verbirgt, der nur im somnambulen
Zustande sein eigentliches Wesen offenbart. Tm telepathischen
Verkehr unter Lebenden sind analoge Fälle bekannt, und
es wäre nicht undenkbar, dass Traumfiguren von einer
obigeii Bildungen ähnlichen Consistenz auf photographischen
Platten sich einst projectiren und projiciren lassen.
Vom diesseitigen Standpunkt aus gesehen, scheint die
Transformirung vom weiblichen Gesicht zum männlichen und
die Deformirung (z. B. in der Bischofsaufnahme) beträchtliche
Schwierigkeiten zu bereiten; aber meines Wissens fehlt
es auch darin nicht an Berichten von ähnlichen Manifestationen.
In einem Separat-Abdruck aus dem Organ — „Die Ueber-
siiinliche Welt" — (betrifft die Entlarvung der Medien von
Dr. Carl du Prel) heisst es in Bezug auf das Medium Mrs.
Crooker: — „Als eines Abends ein helles Feuer im Zimmer
brannte und auch der Mond in dasselbe schien, wurde sie
verwandelt, ihr Antlitz veränderte ganz seine Form, Grösse
und seinen Charakter. Ein schwerer dunkler Bart kam auf
demselben hervor. . . Kurz nachher wurde Mrs. Crooker in
eine alte Frau mit silbernen Haaren verwandelt. Sie selbst
steht im mittleren Lebensalter und hat dunkles Haar. Diese
Veränderungen vollzogen sich allmählich, und^während die
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