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446 Psychische Studien. XXV. Jahrg. 9. Heft. (September 1898,)
verschiedensten Alters wirklich mit seltsamen mediumistischen
Begabungen geboren seien, wie dies ja ähnlich auch bei den
gewisse Künste virtuos ausübenden und rechnenden Wunderkindern
der Fall ist. Dergleichen mediumistische Gaben
mussten beim damaligen Teufels- und Dämonen glauben
beider Kirchen, die alles ihnen nicht Passende in eine
Höllen- und Gespenster-Bratpfanne zu werfen pflegten und
solches noch heute thun, für deren Inhaber verhängnissvoll
werden. — Ref.] Welche Ausdehnung damals der furchtbare
Wahn [Welcher Wahn durchaus nicht in gewissen thatsäch-
lichen Vorgängen, sondern in deren falscher Begründung
und Ausdeutung steckt! — Ref.] gehabt hat, mögen wir
daraus schliessen, dass in dem Protokolle einer 1651 durch
den Breslauer Archidiakon abgehaltenen Kirchenvisitation
noch heute zu lesen ist, es habe sich herausgestellt, dass in
Freiwaldau fast die Hälfte der ganzen Gemeinde der
Zauberei ergeben sei. Der Landeshauptmann selbst soll den
Pfarrer Meissner zu Oppersdorf auf die Menge der Hexen,
die sich in diesem Dorfe befänden, aufmerksam gemacht
haben. Derselbe Pfarrer, versichert man, habe zu inquiriren
aufhören müssen, das Laster habe sich zu hoch, zu weit
und breit erstreckt, und in der That hat auch hier ein
kaiserliches Edikt dem Umwesen ein Ende gemacht. Sehr
treffend sagt der wenig später amtirende Pfarrer von Neisse,
Pedenntz, von jenen Processen: — 'Ich glaube, wenn die
Richter auf die Folter gelegt worden wären, auch sie würden
bekannt haben, dass sie Hexen seien, geschweige denn
schwache Weiblein.,tt — Soweit Grünhagen.
Die „Chronik der Stadt Striegau von den
ältesten Zeiten bis zum Jahre 1889", bearbeitet von meinem
Jugendfreunde, Cantor emer. Julius Filla, welcher am
5. December 1896 zu Striegau im 67. Lebensjahre verstarb,
enthält auf S. 182 ff. auch, wie ihr Verfasser sagt, zwei
lehrreiche Pröbchen Striegauer Spukgeschichten und des
Ende des 16. Jahrhunderts allgemein herrschenden Aberglaubens
.*) Ob Alles dabei Aberglauben ist, mögen unsere
Leser hiernach selbst beurtheilen.
1. Schrecklicher Fall mit einem Schuster zur Striegaw.
Anno 1591, den 20. September, schneidet ihm zur
Striegaw ein Schuster morgens früh im Hinterhause, dabey
ein Gärtlein war, ohne gegebene Ursache, der Kehlen
*) Man vergl. hierzu die hinweisende Bemerkung in „Psych.
Stud." Mai-Heft 1892 S. 206. — Ferner Mai-Heft 1893 S. 259 ff. und
Juli-Heft 1893 S. 357 den Spuk im Sohulgässel. — Der Sekr. d. Red.
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