Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
25. Jahrgang.1898
Seite: 451
(PDF, 192 MB)
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Strebel: Skizze über esoterischen Oecultismus.

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über die mir nothwendig scheinende Aufklärung der für die
Kritik vielleicht befremdlichen Bezeichnungen.

Es giebt ein geflügeltes Wort: — „So viel Köpfe, so
viel Religionen!" — In diesem Ausspruche liegt eine tiefe
Wahrheit verborgen. Der Mensch als ein Theil, eine Creatur
Gottes, kann auch nur einen Theil der göttlichen Eigenschaften
erhalten haben, er ist nicht vollkommen. Und auch
diesen Theil göttlicher Mitgift hat er durch die Vertreibung
aus dem Paradiese, nach dem Sündenfall, dem mystischen
Vorgang, durch den der Mensch zur scheinbaren Erkennt-
niss*) seiner selbst, seines materiellen Ich kam, wenn auch
nicht verloren, so doch in Latenz gebracht. Gott allein
kennt die Wahrheit, und so lange der Mensch noch Adam
war, d. h. das von Gott erschaffene und mit göttlichen
Eigenschaften ausgestattete Wesen, das mit Hülfe dieser
Eigenschaften die unmittelbare Anschauung Gottes gemessen
konnte, kannte auch er die Wahrheit. Aber dem Gesetze
der Entwicklung folgend, dem Gott seine geschaffenen Werke
unterstellte, drängte die Materie, welche der eine Theil des
Menschen ist, zu ihrer eigenen Ausbildung; das böse Element
des Wunsches, der Begierde, der Leidenschaft, des Egoismus,
welcher die höchste Manifestation der Materie ist, veranlasste
Adam zur Sünde gegen sich und Gott, d. h. er verschloss
sich selbst den Vortheil des paradiesischen Zustandes, der
Gottähnlichkeit, der unmittelbaren Anschauung und tauschte
dafür die scheinbare Erkenntniss, welche durch die Grund-

*) Das, was wir Person nennen, erschöpftnioht vollständig den
Begriff unseres Wesens. Die „Person" ist nur der Theil unseres loh,
der sich auf die Materie als Grundlage stützt, im Fühlen, Wollen und
Denken. Wer aber weiss, dass unsere Sinne nur die äussere Erscheinungsform
, nicht das wahre Wesen aller Dinge percipiren können, da sie selbst
als Ersatz für den im Laufe der materiellen Evolution sich allmählich
einkapselnden Allsinn nach dem Prinzip der Arbeitsteilung sich entwickelten
, der weiss auch, dass nicht „Wir" denken, sondern dass „Es in
uns denkt." Der grössere Theil unseres „Ich" liegt in Latenz (Verborgenheit
). Da nun unsere Sinne nur ungenügend und zudem subjectiv
sind, machen wir uns nur subjective Bilder von Allem und sind selbst
subjectiv, d. h. halten das, was uns als „loh" erseheint, für unser
wahres Ich, während unser Ich tatsächlich nicht auf unsere Sinne
beschränkt ist und wir dieses „Ich" erst dann vollständig kennen, wenn
der restirende Haupttheil unseres Ich aus der Latenz getreten, also
unser äusseres Ich sich mit dem inneren Ich vereinigt hat. Da aber
in unserem inneren Ich, in unserer Seele Gott wohnt, so bedeutet diese
Vereinipnng nichts Weniger als die "Vereinigung (religatio) des äusseren
Menschen mit Gott. Dies geschieht durch Selbsterkenntniss, und erst
in dieser Auffassung erhält das Wort: — „Erkenne Dich selbst!" —- seine
volle Bedeutung. Diese Selbsterkenntniss ist ein langsamer Prozess, auf
dem Wege der Religion gewonnen, und führt nicht nur zur Erkenntniss
der Identität von Gott und der menschlichen Seele, sondern ist selbst
verbunden mit thatsächlicher Identifioirung des Menschen mit Gott.

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