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494 Psychische Studien. XXV. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 189a)
befragte, hatte der Teufel ihre Zunge gelähmt und ihr die
Sprache verschlagen. Sie blickte wie ein getretener Hund,
und ich meine, der Dämon fletschte aus ihr mit den Zähnen,
— item half kein Exorziren, obwohl sie sich bei den heiligen
Namen krümmte und wand, als wolle es sie erwürgen. Dann
aber Hess der Herr Richter sie an den heissen Ofen binden,
in dem man eben buck, und da öffnete der Satan ihren
Mund zu gröblichen Schmähreden, in denen sie alles gestand.
Gott der Herr segne das gnädige Fräulein von Zelen, das
die Sünde zur Anzeige und Verfolgung brachte. Ohne ihren
heiligen Eifer möchten wir heut nicht ein Exemplum
statuiren, auf dass der greuliche Aberglaube ausgerottet
werde. Sie glaubt an den stinkenden Spuk,, dessen Höllennamen
ich nicht aussprechen mag, um nicht —' der geistliche
Herr brach ab, der böse Geist, der Bilwitz, war ihm offenbar
unheimlich, er mochte den Namen nicht in den Mund nehmen;
vielleicht handelte er auch so in der weisen Absicht, welche
einst die Epheser beseelte, als sie verboten, den Namen
Herostratus zu nennen, — 'item sie glaubt daran und hat
gesucht, ihm zu begegnen. Zu weichem Ende? Sie gab
auf harte Befragung Auskunft, ,um ihn zu tödten. weil er
ihres Herrn Wedigen Getreide verwüste/ — Nun frage ich:
— Ist es eines Christenmenschen würdig, solcherlei zu
glauben und danach zu handeln? Der gnädige Gott allein
giebt Gedeihen oder Misswachs, wie er mag, — dawider
kann kein Dämon aufblöken, so jagt ihm der Herr einen
Blitz in den höllischen Rachen und schmeisst ihn, wohin
er gehört. Und aber, ist es glaubhaft, dass sie ihren Götzen
tödten wollte? Ich meine, wie die Hexe dem Beelzebub
nachläuft, so suchte sie Gemeinschaft mit ihrem Abgott.
Und ich hoffe, dass der Herr Kurfürst solchen Aberglauben
nicht dulden wird und das wendische Hexlein, so nicht
brennen, wenigstens aber doch auf das Rad wird flechten
lassen, damit das Land von diesen rein werde!' . . .
„Die Herren dankten dem geistlichen Manne und gingen
weiter, — sie hatten in Caputh ihre Pferde stehen und
wollten noch bei guter Zeit über den Strom zurück. —
4Also um mein Getreide vor irgend einem fabelhaften
Unholde zu schützend— sagte unterwegs Renatus, nachdem
er den Fall überdacht. 'Und darum nun im Gefängniss und
wird justificirt werden, wenn man sie nicht der Gerechtigkeit
aus den Zähnen und Klauen reisstf — ^Renatus' —
erwiderte Hans Georg, der auch der Sache nachgesonnen,
— ,meine Schwester Melusine hat sich seit dem Riss in
unserer Famihe recht wild erzeiget, — ich meine, sie sucht
nichts an dem Mägdlein, als dass sie Dir damit eine
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