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564 Psychische Studien. XXV. Jahrg. 11. Heft. (November 1898.)
sollen auch in den selbigen Städten und Dörfern, da noch
Wenden aufzufinden, die Magistrate uud Amtleute sorgen,
dass solche Leute vor allem im Ohristenthum unterwiesen
werden, und soll etwa vorhandenem Aberglauben unter ihnen
entgegcngcwirket werden, indem Pastor loci zu ihnen in die
Hü User gehet, ihnen hillt, einen guten und reinen Glauben
anzunehmen, u. s. w." — Es ist nur wieder unbegreiflich,
wie die Pastoren, die selbst damals noch von Luther's und
Melanchthoris Aberglauben an Hexereien, Kobolde und
Teuiekspuk*) erfüllt waren, den armen, Jahrhunderte lang
geknechteten Wenden einen besseren Glauben hätten beibringen
sollen. Wenn der Kurfürst Friedrkh Wilhelm d. Gr.
nach Remins Darstellung wirklich geäussert haben sollte:
— „Es war diesem Mägdlein bestimmt, in all seiner
Thorheh sich zu verstricken, damit ich ein sonderlich
Erbarmen gegen alle meine Landeskinder und Unterthanen
wendischer Abkunft fasste, die ihr an Aberglauben und
Stumpfheit gleichen, deswegen wie die Hunde geachtet
werden und in Hoffnungslosigkeit verkommen. Soll aber in
künftigem Zeitläuften anders werden, so wahr ich alles, was
Odem und Menschenantlitz hat, in meinen Staaten zu
meinem Tagewerk brauche!" — so würde vielleicht auch
von seinen noch vorurteilsfreieren Nachfolgern auf dem
Throne mit der Zeit eine gleiche Einsicht und Gerechtigkeit
gegen die jetzt als abergläubische Betrüger und Schwindler
noch gesetzlich verfolgten und verurtheilten Medien zu
erhoffen sein, ohne dass wir uns der trostlosen Ansicht
über den modeinen Rechtsstaat hinzugeben brauchten, welcher
aus dem Artikel „Hexenprozesse" in „Psych. Stud." Juli-
Heft 1892 S. 296 ff. zu uns redet. —
Hören wir noch, was in neuester Zeit der Leipziger
Prof. der Zoologie William Marshall, also doch wohl ein
Sach- und Fachkundiger, über „Freund Lampea berichtet.
In einem so betitelten Aufsatze des „Leipz. Tagebl." Nr. 491
vom 26. September ld!>7 sagt er: — nDev Hase ist ein
uraltes Zauberthier und ein dreibeiniger eine uralte Spukgestalt
. Schon die alten Inder sahen ein unheilverkündendes
Vorzeichen darin, wenn einem ein Hase über den Weg lief,
besonders, wenn er den Anlauf von links nahm. Sehr
allgemein in Deutschland ist noch der Aberglaube, einem
*) Vergl. „Psych. Stud.u Oktober-Hett 1895 S. 474 und Juni-Heft
1897 8. 275 ff. — so soll Luther einst auf eine Frage Ober die Möglichkeit
der Wiederkehr Friedrich Barbarossa^ aus dem Kyffhäuser
die ziemlich diplomatische Antwort ertheilt haben : — „Ich wem nicht,
was ich davon halten soll, der Teufel hat vordem mehr den Leuten
eine Nase gemacht." ~~
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