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Gaj: Wahrtrautne Und Visioneö.
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liehe Einwirkung höherer Gewalten in unser irdisches Leben
findet man in seinen tiefgefühlten, von Liebe zur Menschheit
durchglühten und die tiefsten Tiefen der menschlichen Seele
enthüllenden Novellen in Menge, und so werden sie mit
Recht als Perlen der serbischen Literatur betrachtet. Ich
konnte keine seiner Novellen durchlesen, ohne dass sich
meine Augen mit Thränen füllten, und das passirt jedem
Leser, der die Tiefe dieser Gefühle und die Grösse der
Situation herausfühlen kann.
Im Gespräche also mit dieser Dame erfuhr ich, dass
sie selber sehr viele Wahrträume und Visionen hatte, und
ersuchte sie, mir selbe unter Verpfändung ihres Ehrenwortes
in Kürze beschreiben zu wollen. Nun versprach sie mir dies,
und dieser Tage erhielt ich von ihr auch in Wirklichkeit
eine genaue Beschreibung verschiedener interessanter diesbezüglicher
Phänomene. Da selbe in der That sehr
interessant sind und ausserdem ein gutes Material zum
Studium der übersinnlichen Thätigkeit unserer Seele bilden,
so nehme ich mir die Freiheit, sie der Oetfentlichkeit zu
übergeben, um so eher, da mir die freundliche Erlaubniss
dazu ertheilt wurde.
„Damit ich Ihrem Wunsche und meinem Versprechen
nachkomme", — schreibt mir Frau Dr. Lazarevic, — „theile
ich Ihnen Alles mit, insofern ich mich noch erinnere, was
ich in Wahrträumen und Visionen erlebte. Jedes Mal,
wenn ich etwas Günstiges oder Ungünstiges erlebte, wurde
ich darauf durch einen Traum vorbereitet. Ich kann mich
auf die jeweilige Jahreszahl der Geschehnisse nicht mehr
genau erinnern, aber halte dies auch nicht von Belang. Ich
werde Ihnen Alles genau der Wahrheit gemäss berichten,
aber es ist doch nicht die Möglichkeit ausgeschlossen, dass
ich mich nicht immer klar ausdrücken werde, da ich keine
Heldin der Feder bin. In diesem Falle korrigiren Sie mich,
wie ich Ihnen dies schon auch mündlich mittheilte»
„Zuerst werde ich Ihnen meine Wahrträume und
dann die Visionen, deren ich sehr wenig hatte, mittheilen.
Bei dieser Gelegenheit versichere ich Ihnen wiederholt mit
meinem Ehrenworte, dass ich nichts ersonnen
habe. Es bleibt eine andere Frage, ob diese Träume als
Vorzeichen der darauf folgenden Ereignisse, oder durch
Zufall zu erklären sind. Wie es auch sei, ich glaube an
Träume, — glaube auch, dass selbe mir, meinem Geschicke
gemäss, mehr Unglück als Glück anzeigen. Wenn Sie dies
überhaupt verwendbar finden, so wäre es mir lieb, wenn
Sie nur die Anfangsbuchstaben meines Namens verwendeten,
womit ich Ihnen aber, sofern Sie dies als nothwendig
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