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Strebeh Skizze über esoterische» Occultismus, 587
Egoismus wirklich schwinden soll, verschiedene andere
Arten von Yogat die rascher zum Ziele führen, die aber
für die Gesundheit wie für die Art der Entwickelung
der Geisteskraft bedenklich sind, da der Mensch zu leicht,
statt die Vereinigung mit Gott, dem eigentlichen Ziel der
Yogaübung, unterwegs an den die Entwickelung begleitenden
mystischen Phänomenen hängen bleibt, die den Besitzer der
magischen Kräfte über die anderen Menschen erheben und
ihn auf die schiefe Ebene der schwarzen Magie treiben, also
gerade zu dem Entgegengesetzten des anfänglichen Strebens;
der Weg führt zwar auch zur geistigen Entwickelung, aber
niemals zu Gott. Doch will ich mich hierüber nicht weiter
auslassen.
Die verschiedenen Arten von Yoga mit Ausnahme der
schon erwähnten göttlichen Eaja Yoga gehen darauf aus,
mit Gewalt das Bewusstsein, das Ichgefühl zu unterdrücken
durch Verwendung von mancherlei Arten hypnogener
Methoden und mechanisch-physiologischer Eingriffe, die sich
nicht für die Allgemeinheit eignen. Deshalb muss der
Mensch, zumal der im Berufe lebt und für eine Familie zu
sorgen hat, von solchen Uebungen absehen und einen Weg
wählen, der langsam zum Ziele führt und mit Schwierigkeiten
zu kämpfen giebt, den Weg, wie ihn das reine
Ohristenthum, der esoterische Buddhismus lehren. Die
nothwendige Folge ist, dass ein Menschenleben nicht aus-
reicht, und dass viele Incarnationen dazu gehören, das Ziel
näher zu rücken. Deshalb die Forderung der Remearnation,
die ebenso wie die Karmalehre in den christlichen Schriften
gefunden werden kann, und an Stelle welcher missverstandener
Forderungen der Dogmatismus das Fegefeuer und dergleichen
gesetzt hat.
Wir sehen also, dass der Zweck der einzig wahren
Religion ganz praktischer Natur ist; dass es sich nicht um
verschwommene Ideen, schwärmerische Phantastereien, kurz
nicht um das dem denkenden Menschen lächerliche, in der
Schule gelehrte, geistlose Machwerk handelt, das man
gewöhnlich mit dem Namen Religion bezeichnet. Religion
ist praktische Mystik. Und dass die Anschauungen der
Jünger und Nachfolger Christi ähnliche waren, resp. dass
das Urchristenthum nichts anderes war als eine Schule für
praktische Mystik mit einer äusseren Gradeintheilung je
nach der geistigen Entwickelungsstufe, mit äusseren
Symbolen, mit Geheimnissen, die erst den Initiirten eröffnet
wurden, wenn diese reif für das Verständniss waren, geht
nicht nur aus Christi Lehren und Worten selbst hervor,
noch mehr aus denen des Paulus, sondern wird vom
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