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Wedel: Das Uebersinnliche in der deutschen Littefatitr etc. 597
Er sprach: „Die ihr den Tod beschwört,
Beschwört mir den Schemen des Leibes,
Den heiss ich geliebt, und den ich zerstört;
0 lasset noch einmal des Weibes
Versöhnende Stimme mich hören, und dann
Versehliesset die Erde, vollendet den Bann!"
Pausainas sprach's, der Aegypter nahm
Und schlug metallene Platten;
Allmählich erschien's, und näher kam
Ein bleicher, verwundeter Schatten
Und stand mit geschlossenem Augenlicht,
Mit riickgebogenem Angesicht.
Wie Rosenblüthen im Mondenglanz
Sanft schienen die Waugen geröthet,
Ihr Haupt umgab ein Mrythenkranz;
Für ihn. der sio getödtet,
War noch wiu einst ihr Haupt geschmückt,
Von scheuem Sehnen der Mund urazückt.
Der Grieche rief: — „Meiu armes Reh!"
Und sank zu ihren B'üssen: —
„0 nenne der Strafen grösstea Weh,
0 lasse die Schuld mich Missen!
Sprich, künde mir, wo ich und wann,
Erzürnte, dich versöhnen kann!"—
Er riefs, und sie erhob die Hand
Und sprach mit sanften Worten:
„Pausatuas, kehre zum Vaterland!
In Sparta, vor den Pforten
Des Pallastempels, dort allein
Wird Deine Seele der Blutschuld rein.
„Im Hades steht ein Lagerpfühl
Für Dich und mich gebettet,
Die Pfosten sind mit Asphodii
Und Amaranth umkettet,
Dort kränz' ich mich zu Deinem Empfang:
Die Parzen singen den Brautgesang."
Auch das lyrische Gedicht — „Greistersehen" — dürfte
es werth sein, hier erwähnt zu werden: —
Zu lautes Klagen um die Todten
Verstöre, sagt man, ihre Ruh,
Sie schweben dann wie Friedensboten
Dem Lager der Verlass'nen zu.
Und unserer Thränen überdrüssig,
Ei scheinen sie zwar bleich und kalt,
Doch strahlend und wie Nebel flüssig
In ätherhafter Lichtgestalt
Ach, w*aV es so, und lebt' ein Leben,
Das aus Verwesung sich entreisst;
Nein, keine Fiber sollte beben,
Trat* in der Nacht zu mir dein Geist!
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