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634 Psychische Studien. XXV. Jahrg. 12. Heft. (December 1898.)
so scheint es, dass der Weg des Kreuzes mich zum Glauben
meiner Väter zurückführt, zum Katholieismusf — 'Sar
Peladan, mir bis heute ein Unbekannter, überwältigt mich
wie ein Sturm, eine Offenbarung des höheren Menschen, des
Nietzsche'schen Uebermenschen, und mit ihm hält der
Katholicismus seinen feierlichen und sieghaften Einzug in
mein Leben; . . Das Kloster ist August Strindberg^ letzte
Zuflucht! —tf
Es kann nichts Natürlicheres geben, als dass ein Mann
— noch dazu von dem Temperament Strindberg* $f der früher
völlig in religiösem Nihilismus befangen war, — jetzt, in der
Verzweiflung über die ethische Wertlosigkeit dieser Weltanschauung
in das andere Extrem der Schwärmerei und des
religiösen Dogmatismus geräth. Es klingt wie eine Ironie auf
den Hochmuthsdünkel der modernen ,,Exactena, gilt aber in
tieferem Sinne, als Messer selbst es ahnt, wenn er sagt: —
„So unglaublich es klingen mag — gerade auf dem Weg
der Naturwissenschaft, der realsten aller Wissenschaften,
hat sich in dem Atheisten und Materialisten Strindberg die
ungeheuere Wandlung zum Mysticismus, zum Glauben, ja
zur katholischen Kirche vollzogen," — Nichts verkündet lauter
und unzweideutiger den Zusammenbruch der materialistischen
Weltanschauung, als die Thatsache? dass gerade die Führer
unserer modernen Literatur ihre Fahne verlassen und
immermehr und mehr dem anderen Pole der Gedankenwelt,
dem Mysticismus zustreben. Gerhard Hauptmann hat die
„versunkene Glocke" geschrieben und arbeitet an einem
nGhristu$", Sudermann hat durch seinen „Johannes" den Erlöser
verkünden lassen, und was Ibsen als Mystiker bedeutet,
können wir in Ifanstein's — „Ibsen als Idealist'* — nachlesen
.
„Jetzt", so schliesst Messer, — „ist eine der stärksten
Säulen gebrochen, auf denen der Materialismus ruhte, und
wenn Nietzsche nicht so frühzeitig geistig dahingegangen
wäre, hätte man das Schauspiel erleben können, dass alle
grossen, führenden Geister am Ende des neunzehnten Jahrhunderts
sich vom Wirklichen4 in das Reich der mystischen
Mächte flüchteten, dort ihre müden, von Kampfesnarben
zermürbten Seelen endlich zur Buhe, zur Ruhe endgiltiger
Erkenntniss und des Friedens geführt haben. Erst Riehard
Wagner, dann Zola} ffuysmans, Sar Peladan^ Tolstoi*), Maeterlinck
, Altenberg und jetzt auch der Titane (?) Strindberg \ —
*) Doch wohl nur in streng christlichem, kirchlichem Sinne.
„Beuge dein Haupt, stolzer Sigambrer!
Bete an, was du verbrannt hastl
Verbrenne, was du angebetet hast! —11
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