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Muminert: Zwei Dichter über spiritualistische Philosophie. 635
i9Je$u$ Christus ist nach 2000 Jahren seiner Geburt auferstanden
, noch einmal die Welt liebend zu besiegen. Die
Ungläubigsten, die glühendsten Vorkämpfer des 'unfroinmen
Materialismus' hat er zu sich gezwungen. Eine neue Religion
will den Menschen erblühen, das verjüngte Christenthum,
über dem mit etwas spöttischem Lächeln milder Siegesfreude
der alte Heiland seine Arme breitet." — Mit gutem Gewissen
hätte Messer noch hinzufügen können: — „Das solide, durch
den Verstand nicht mehr zu untergrabende Fundament einer
neuen Religion aber, auf dem wir eben so sicher ruhen
vor dem Versinken in trostlosen, metaphysischen Nihilismus,
wie vor dem Verlieren in religiöse Phantasterei, bietet uns
einzig und allein der streng wissenschaftliche, philosophisch
verwerthete Spiritismus.44*) —
Welche tiefere Lehre liegt für uns aber noch in der
Gegenüberstellung dieser beiden Urtheile? — Es ist die
Wahrheit, dass theologischer Konservatismus, und wäre es
der freieste, doch wenig taugt zum Pionier des philosophischen
Fortschritts. Am Ende sind es doch immer die aus Idealismus
revolutionären Elemente, welche zu Baumeistern der neuen
Tempel werden.
Die Lise-Lotte über Geister und Gespenster
ihrer Zeit
Keferirt von Gr. C. Wittig1.
Aus den kürzlich erschienenen, humoristisch - derben,
aber kerndeutschen Briefen der Herzogin Elisabeth
Charlotte (genannt die Lise-Lotte) von Orleans, einer
pfälzischen Prinzessin, Enkelin des unglücklichen Winter-
königs, welche nach Paris an den Hof König Louis' XIV.
1671 nicht gerade glücklich verheirathet wurde, erfahren
wir über die Sitten der Wende des 17. und 18. Jahrhunderts
unter anderen merkwürdigen Dingen auch ihre Ansichten
über den beginnenden Rationalismus ihrer Zeit und über
den damals noch herrschenden Aberglauben und ihre eigene
Stellungnahme zu demselben. Wir schöpfen aus „Die
Grenzboten" Nr. 38 v. 17. September 1896 die über ihre
Philosophie zusammengestellten Ansichten hierüber. Um
das Jahr 1700 war hiernach der Umschwung aus der
*) Die Ergänzung zu diesem Artikel bietet Max Messer** Artikel:
— „Der wahnsinnige Strmdber^ — in „Das Magazin für Litteratur"
(Weimar, Emü Felber, 67. Jahrg. No. 13 v. 2. April 1898) —, die ich
in der Berliner „Psyche" veröffentlichen werde. — DerSekr. d. Red,
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