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646 Psychische Studien. XXV. Jahrg. 12. Heft. (December 1898.)
ich nur wieder einen Ohnmachtsanfall bekomme, und die
Stimme höre und ihr sagen könne, dass ich keinen gebe;
wenn sie aber Jemanden brauche, so solle sie mich nehmen.
Umsonst. Ich hörte nur das lustige Gelächter meiner Kinder
und ihre Stimmchen, die mir zuriefen: — ,Noch einmal,
Mama!4 — Arme Kinder! Sie dachten wahrscheinlich, ich
mache mit ihnen Spass, ohne eine Ahnung davon zu haben,
dass ich einem derselben das Todesurtheil gesprochen hatte.
Denselben Tag musste ich auf eine Stunde von Hause weg.
Ich ordne den Dienstboten alles Nöthige an, besonders
aber, dass man mir das Wasser vorbereite, da ich bald
zurückkommen und die Kinder baden würde. Als ich
zurückkam, sagte mir das Mädchen, Viadan schlafe schon.
Ich mache sie aus, worauf sie mir erwiedert, dass das Kind
geweint und wegen Kopfweh geklagt habe und im Weinen
eingeschlafen wäre. Ic! war wie vom Schlage getroffen. —
*0 Gott, so schnell?f — dachte ich, mich an den obenerwähnten
Traum, oder was es war, erinnernd. Als mein
Mann Abends nach Hause kam, erzählte ich ihm Alles (mit
Ausnahme, dass auch ihm ein baldiger Tod vorhergesagt
wurde). Als er das Kind sah, wusste er auch ohne diese
meine Ahnung, dass es keine Rettung gäbe, aber wollte
mich doch trösten; ich war aber trostlos. Den dritten
Samstag darnach starb Viadan unter grässlichen Schmerzen."
„Als Viadan noch ganz gesund war, hielt ihn eines
Abends seine Amme am Fenster. Es war eine sternenhelle
Winternacht. Er schaute lange auf einen Stern und sagte
plötzlich: — {Saveta (der Name der Amme), ich gehe hinauf
auf jenen Stern zu Gott. Schau, wie er schön ist V — Ich war
auch dieses Mal zugegen und hörte es; die Amme aber
sagte zu mir, er pflege dies sehr oft zu sagen, wenn es
sternenhell sei; sehe er aber keine Sterne, dann weine er,
da er seinen schönen Stern eicht finden könne/1 —
„Bei jeder Arbeit, beim Spiele, wie auch beim Essen
lehrte ich meine Kinder „ßoze pomozia*) zu sagen. Als
Viadan erkrankte und ich ihm die Medicin reichte, sagte ich
zu ihm, er solle 'Bo2e pomozf sagen. Er ärgert sich und
will es nicht sagen. Ich bitte ihn, verspreche ihm Spielereien
und sage: — »Sag es, mein Kind, und Gott wird geben, dass
Du gesundest.* — Aergerlich sagte er: — 'Ich will es nicht
sagen, ich will nicht gesunden, ich will zu Gott !' — Ob er
seinen Tod ahnte und herausfühlte, kann ich nicht behaupten,
aber, dass dieser Widerspenstigkeit eine besondere Ursache
zu Grunde liegen musste, weiss ich deswegen, weil er sonst
*) Bedeutet in der kroato-serbischen Sprache: — „Gott helfe!4
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