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Wedel: Das Uebersinnliche in der deutschen Litteratur etc. 673
seine Hilfe verspricht. Diese besteht in nichts Geringerem,
als darin, dass er ihn zum Fürsten machen will, auf welchen
Titel der Graf Anspruch hat nach Erlöschen der Hauptlinie
. Dieser Italiener, welcher die Fähigkeit vi hypnotisiren
in hohem Grade besitzt, macht sich darauf an die Arbeit,
indem er die seinem Schützlinge im Wege stehenden Personen
durch posthypnotische Suggestionen in heillose Verwirrung
bringt. Die Intrigue ist drauf und dran, zu gelingen,
als der verfolgten Unschuld ein Retter in der Noth erscheint,
ein Arzt, welcher die Hypnose studirt hat und dadurch
hinter die Schliche des Bösewichtes kommt. Dadurch wird
Alles wieder in's Gleichgewicht gebracht, und mit dem
Selbstmorde des bösen Italieners und der Verlobung der
arg verfolgten Liebespaare schliesst die erbauliche Geschichte.
Der Verfasser scheint einiges über Hypnotismus und nichts
über Somnambulismus gelesen zu haben, da er diese beiden
Gebiete zu einem anmuthigen italienischen Salate zusammen
verarbeitet hat Uebrigens wird die Kraft der Suggestion
in ganz übertriebener Weise geschildert. Jedenfalls liegt
kein Beispiel dafür vor, dass ganz gesunde, normale Menschen
durch eine einmalige Hypnose zur Begehung ihnen gänzlich
widerstrebender Handlungen in posthypnotischem Zustande
veranlasst werden könnten.
Wie aber dennoch bei moralisch intacten Menschen
durch einmalige Hypnose ein Verbrechen herbeigeführt
werden kann, hat du JPrel in seinem Romane — „Das
Kreuz am Ferner" — geschildert, welcher im übrigen wohl
bei den Lesern dieses Artikels als bekannt vorausgesetzt
werden kann.*) Hier veranlasst Somirf den jungen Theodor,
seine Gönnerin zu vergiften, indem er ihn durch posthypnotischen
Befehl in den Glauben versetzt, dass er der
Gräfin, welche zu leiden scheint, ein Heilmittel gäbe.
Ueberhaupt zeigt die Vergleichung der beiden Romane,
was dabei herauskommt, wenn einmal ein Fachmann ersten
Ranges, das andere Mal ein Dilettant den gleichen Stoff
behandelt. Auch in ästhetischer Beziehung gilt das nämliche:
du Prel's Werk wendet sich an die Elite, Mediums an die
Stammgäste der Leihbibliotheken.
Ausser diesen beiden so verschiedenen Autoren hat
noch eine Dame, Nataly v. JSschst^uth,**) es gewagt, dem
deutschen Lesepublikum mit einer occulten Novellensammlung
— „Spuk" — unter die Augen zu treten. Da in dieser
*) Vergl. Carl Kiesewjeüer'* Besprechung dieses Kornaus in „Psyeh.
Studien" August-Heft 1891 S. 871 ff.— Der Sekr. d. Red.
**) Vgl. „Psych. Stud." Juni-Heft 1897 3. 318 ff., Juli 1897 S. 381 ff.,
August 1897 8. 448 ff. u. Septbr. 1898S. 511 ff. — Der Sekr. d. Red.
Ftyohisoht Studien. December 1898. 44
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