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694 Psychische Studien. XXV. Jahrg. 12. Heft. (Deeember 1898.)
bracht haben, woselbst wir die berichteten Beobachtungen
über spukhafte Irrlichter durchaus nicht allein auf Kohlenwasserstoffgase
, Stickstoff, Schwefelwasserstoff und Phosphorwasserstoff
zurückführen konnten, sondern hinter ihnen noch
ein specifisch psychisches Element eines uralten, nicht
ganz unbegründeten Volksglaubens muthmaassen mussten.
In folgenden Schlussworten seines Artikels stimmt der
Herr Verfasser so ziemlich mit dem Referenten (dem
Sekretair der Redaktion dieses Journals) überein, wenn er
sagt: — „Electrische Einwirkungen sind nach alledem
vollständig ausgeschlossen; als ein ruhiges Ausströmen der
durch Induction in der Erdoberfläche erzeugten Elektricität,
als eine allmählich verlaufende elektrische Entladung in
leuchtenden Büscheln weissvioletter Farbe auf Sträuchern,
Bäumen, hervorragenden Gegenständen aller Art, wie beim
St. Elmsfeuer, ist die Erscheinung der Irrlichter nicht
aufzufassen, da alle Vorbedingungen zu einer elektrischen
Entladung in dieser wie in jeder anderen Form vollständig
fehlen, nämlich die starken und raschen Verdichtungen des
atmosphärischen Wabserdampfes infolge hereinbrechender
kalter Luftströme, oder lebhafter aufsteigender Bewegung
der Luft, ferner heftige Schauer von Regen, Schnee und
zumeist Graupeln, unter denen bei niedrigem Barometerstande
und sinkender Temperatur stets unter Null die
Elmsfeuer im Winter entstehen; diese können übrigens auch
eine Folge der Reibung sein, die der stürmisch umhergewirbelte
Schnee an den Lufttheilchen erfährt. — Das
Volk betrachtet die Irrlichter durchweg als räthselhafte
ISiiid sie das denn nicht auch der Wissenschaft noch? —
)er Sekr. d. Red.], gespenstische Erscheinungen, die den
Menschen irre führen, um ihn zu verderben. [Aber auch um
ihn zuweilen zu retten, wie im Falle des Herrn Formschön
im Juli-Heft 1896, S. 322 ff. - Sekr. d. Red.] Guten
Grund hatte man gewiss oftmals dazu, diese geheimnissvollen
Flämmchen mit abergläubischer Furcht zu betrachten,
da mancher durch sie vom rechten Wege abgelenkt und
in den verderbenbringenden Sumpf gelockt wurde, wo er
versank. Darum haben diese Lichter auch dem entsprechende
Namen erhalten: Irrlicht, Irrwisch, Tückebolde,
Lüchtemännekeri8. In allen Dorfschänken hört man von
ihnen grausige Geschiehteu erzählen. Da war z. ß ein
reicher Müller, der sein Geld im Felde verscharrte, wo
man ihn alsbald todt liegen fand. Nun hat er im Grabe
keine Ruhe, der sucht sicher mit der Geisterlaterne sein
vergrabenes Geld! Ein Anderer gräbt nach ähnlichen
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