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24 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 1. Heft (Januar 1899.)
Die Mönche, die im Uebrigen sein Verhalten lobten, gaben
an, dass er behend auf allen Vieren laufe und öfters verstohlen
die Eingeweide von Fischen verzehrt hätte. Dies
ist wohl einer der bestbeglaubigten und lehrreichsten Fälle
von Lykanthropie. — Parlamentsrath De Lancre % der sich
viel mit der Werwolfssucht, die er insania lupina nennt,
beschäftigt hat, giebt folgende drei Erklärungen davon:
1) Der Teufel verblendet die Schlafenden im Traume so,
dass sie meinen, sie hätten das und das Unheil angerichtet,
während es ein natürlicher Wolf that oder ein vom Teufel
aus der Luft gebildeter Wolfsleib.*) 2) Der Teufel zieht
den Betreffenden eine wirkliche Wolfshaut an, so dass man
sie für Wölfe hält. 3) Er macht den ünglücklichen, nachdem
sie sich gesalbt oder den Wolfsgürtel angelegt, eine
Wolfshaut aus Luft. Mittheilenswerth sind die Worte, die
De Lancre betreffs der Solidarität zwischen dem erscheinenden
Thier und dem Wolfssüchtigen schreibt: „Aber
wann der Wolff geschlagen wird, wie kanns kommen, das
der nicht da ist und schlafet am selbigen Orte gewundet
sey V Dieweil der Teuffei den schlaffenden an derselben platz
schlegt oder verwundet, da der Wolff geschlagen ist.a
Augustin Lerchheimer von Steinfelden sagt im XII. Capitel
seines bekannten Werkes**): — „Ob die hexen vnd zäuberer
in Katzen, hunde, wölffe, esel etc. verwandelt werden," — dass
er einmal mit seinem Freunde, einem Kirchendiener(= Pastor),
in eines „landvogtshauss" gegangen, allwo ein solcher Unglücklicher
eingekerkert im Tb urme lag, welchen er examinirt
habe. „Er wusste von Gott soviel, als ein Wolff. Es
war ein erbärmlichs ding, den menschen anzusehen und
zuhören. Wir baten vnd erhieltens, dass er los ward, sonst
hette er müssen brennen. Gott besser solch gericht, gebe
der Oberkeit dieser sache einen rechten verstand." Ferner
erzählt er die merkwürdige Thatsache aus dem Jahre 1547,
dass in den Edelhof eines von Malzahn ein grosser
*) De Lancre setzt folgendes Apercu diabolischer Physik bei:
„dann er die Lufft dick vnd grob machet, gleich durch die kalte
Lufft das wasser in Eyss verändert wird vnd darnach ist der Leib des
Teuffels vnd sein Samen allzeit kalt." Entnahm dies Alles einem alten
Werk: „Wunderbahrliebe Geheimnissen der Zauberey . . . gezogen
aus einem weitlaufftigen in Frantzösigcher Sprach getruckten Tractattus
Herrn Petri de Lancre^ Parlamentsherr zu Bordeaus, welcher sollchen
gerichtlichen Prozessen persöbnlieh beygewohnet." 1630, ohne Druckort
. De Lancre'» Original werk: „Tableau de l'inconstance" habe ich
nirgends auftreiben können.
**j Bentitze Augustin Lerchheimer: — „lio christliches Bedenken
vnd Erinnerung vor Zauberey". III. Auflage. MDXCV1I. Speier.
Cap. XII, 103—113.
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