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26 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1899.)
zeugt, dass sie oft erklären, die Haare sehe man nur
darum nicht, weil sie nach Innen gewachsen seien
(weshalb bei den Römern der Werwolf „versipellis"
hiess); worauf denn auch die Bauern den Armen Beine und
Arme abhieben, oder gar die Haut abzogen, um sich davon
zu überzeugen. Wie allgemein verbreitet der Werwolfsglaube
war, geht daraus hervor, dass Hauber*) aus dem Norden
Europas, aus „Cur- und Liefland" vom Jahre 1637 erzählt,
dass daselbst die „Fahr" oder „Wehr Wölfe" heerden-
weise gelaufen seien; während Leubuscherms dem Süden,
und zwar aus der Franche Comte, einen Parlamentsbefehl
vom Jahre 1573 anführt, der zur Jagd auf Werwölfe die
Bauern auffordert. In dem Werk, das der Liebling König
Heinrichs ///., Jean Bodin, 1580 herausgab: — ,tTraite de
la demonomie des sorciers" — wimmelt es von Werwolfs-
geschichten; **) ebenso in des Jesuiten Caspar Schott: —
„Physica curiosatf; aber auch die Protestanten, wie sie im
Hexenbrennen nicht hinter den Katholiken zurückblieben,
liefern in des Superintendenten Rimpshof 1630 erschienenem
— „Drachenkönig" — ihren Beitrag zu diesem unheimlichen
Gebiete. Und um zum Schlüsse der Thatsachen auch Etwas
Humorvolles aus dieser Teufelsperiode zu geben, führe ich
das probate Rezept an, das uns Godelmann***) als sicheres
*) Benutze Eberhard David Hauber: — „Bibliotheca acta et scripta
niagica." 1739. Bd. III, 29, 284 ff.
**) Siehe Bodinus: — „De magorum daemonomania sev detestando
lamiarum ac magorum cum satano comroercio." (Frankfurt a|M., Nicolaus
Bassaeus.) lib. II, cap. VI., 329 ff.
***) Benütze Godelmann u. z, die Uebersetzung von Nigrinus: —-
„Von Zauberern, Hexen vod Vnholden, wahrhaftiger vnd wohlbegründeter
Bericht." MDXCII, mit einer albernen Vignette und
darunter 2. Chron. 19, 2. Godelmann Spricht im II. Buch, cap. III., 172 ff.
von Thierverwandlungen, an deren Bealität er nicht glaubt und von
denen er annimmt, dass dies blos „gaukelisch vnd phantastisch" wäre,
es auf Verblendung des Teufels schiebend. Seite 275 citirt er den
Ausspruch des Concils zu Ancyra (308): — „Wer gläubet, dass ein
Wesen, in ein besseres, oder in ein ärgers könnt verendert oder jhm
ein ander Form, oder Gestalt gegeben werden, der ist ärger denn ein
Heyd vnd Vngläubiger." — Ein Concil zu Ancyra im Jahre 308 gab es
nun allerdings nicht, und der Herr Rostocker Professor Godelmann
scheint jedenfalls die berühmte Synode zu Ancyra (jetzt Angouri in
Kleinasien) zu meinen, welche 3U abgehalten wurde nach der grimmigen
Christenverfolgung von Galerius und Maximinus. In diesem General-
concil der kleinasiatisch-syrischen Kirche wurden 25 Canones aufgestellt,
und wahrscheinlich ist diese Stelle gegen die Zoanthropie im 16. und
17. Canon enthalten, welche Canones sich gegen die Sodomiterei wenden.
(Siehe von He feie: — „Conciliengeschichte." II. Aufl. 1. Bd. 219 ff.) Der berühmte
- „Canon Episcopi" —,den wir zuerst 906 erwähnt finden,und von
dem es stets heisst — „ex coneilio Aquirensi" —, wird fälschlich
dem Concil zu Ancyra zugeschrieben, spielt aber später in der Kirchen-
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