Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
26. Jahrgang.1899
Seite: 40
(PDF, 195 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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40 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1899.)

Wenn wir vom Standpunkt des warmherzigen Mensehen-
freundes aus einen prüfenden Blick auf unsere heutigen
gesellschaftliehen Zustände werfen, dann zeigt sich unserem
Auge leider ein wenig erfreuliches Bild: Hier gehässiger
und erbitterter Kampf, Hader und Streit, dort öde, alles
überwuchernde Genusssucht, Oberflächlichkeit, Zerfahrenheit
und Lebensüberdruss; hier erschütterndes Elend, Jammer
und Noth und bleierner Druck der Sorge um das tägliche
Brot, dort herzloser Egoismus und frevler üebermuth,
wahnsinniger Luxus und masslose Verschwendung; hier ein
immerwährendes Rennen und Hasten und eine unersättliche
Gier nach Erwerb und Besitz, dort ein ruheloses Ringen
und Streben nach äusseren Ehren, nach Glanz und Flitter;
hier religiöse Unduldsamkeit und fanatischer Hass gegen
Andersdenkende und Andersgläubige, dort schnöde Verachtung
aller Religionen und Verläugnung jedes Gottesglaubens!

Wenn man dieses Bild, das unser heutiges gesellschaftliches
Leben bei unbefangener Betrachtung uns darbietet, in
seiner ganzen unerquicklichen Gestalt sich vor Augen führt,
da kann man es wohl verstehen, wenn so mancher zuletzt
den Glauben an eine göttliche Weltordnung verliert und
verzweifelnd in die Worte ausbricht:

Ha, wer bin ich und was soll ich hier,
Unter Tigern oder Affen,
Welchen Plan hat Gott mit mir
Und warum ward ich erschaffen?
Ist das Stöhnen dieser ßrust
Lobgesang in seinen Ohren?
Ist mein Elend seine Lust?
Ö warum ward ich geboren!

Wer jedoch tiefer zu blicken gewohnt ist und wer die
feste, unerschütterliche Ueberzeugung in sich aufgenommen
hat, dass auf unserer kleinen Erde, wie im grossen, unendlichen
Weltall alles nach ewigen, unabänderlichen Gesetzen
sich regelt, der wird mit solchem verzweifelnden Klagen
und Fragen sich nicht quälen; denn er weiss, dass Gott
alles weise geordnet hat und dass nur an den Menschen die
Schuld liegt, wenn unser gesellschaftliches Leben in seiner
fortschreitenden Entwickelung auf verhängnissvolle Abwege
gerathen ist, die zum Unheil und zum Verderben führen.

Die Menschheit hat heute in ihrer überwältigenden
Mehrheit den richtigen Kompass verloren, der ihr vom
Uranfang an in die Seele gelegt ist und der ihr das Ziel
zeigt, nach dem sie streben soll: es ist der göttliche
Funke, der jedem von uns ins Herz gepflanzt ist und den


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