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50 Psyebisehe Studien. XXVI. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1899.)
Kindes Körper und Seele wie ein Instrument benutzt. Es
kommen die wunderlichsten Körperverrenkungen mit
mächtiger Kraftentfaltung vor, Kratz- und Klopftöne,
Gelächter, Thierstimmen werden vernommen u. 8. w. Vieles
übergehe ich hier. Die Intelligenz macht den Eindruck
eines boshaften und doch gewissermassen mitunter auch
gutmüthigen Koboldes, sie gefällt sich in Spässen, Schimpfreden
, führt lange Gespräche. Ihre Erkenutnisssphäre ist
nicht besonders scharf umgrenzt, man bedient sich — ein
niedriges Schmarotzerwesen treibt ja hier seinen Unfug —
offenbar des Vorstellungsinhaltes der Anwesenden; dabei
weist aber doch manches auf die intellectuelle Unabhängigkeit
des Agenten hin. Besonders auch die physikalischen
Spukphänomene scheinen dies zu beweisen. Dahin gehören vor
Allem die unflätbigen, massenhaften Abortapporte von
Urinströmen und Haufen frischen Menschenkotbes in einen -
geschlossenen Raum, ferner das Verschwinden von
Gegenständen, die erst nach einigen Tagen plötzlich vorgefunden
werden. In letzter Zeit verschwinden am hellen Tage
alle gefüllten Mahlzeittöpfe, als deren „Ersatz" Excremente auf
dem Tische erscheinen. Einmal hat ein Gendarm im Dunklen
eine lange Hand ertappt (welche geweihte Kräuter in seine
Haare streute), die aber dann immer kürzer wurde und
schliesslich im Armgelenk der Hanusia verschwand. Nachdem
Monate lang viele Gendarmen das Mädchen aufs
strengste bewachten und alle zur festesten Ueberzeugung
von der übersinnlichen Herkunft der miterlebten Kundgebungen
gelangt sind, sah sich die Oivilbehörde, im
Bewusstsein ihrer Machtlosigkeit, veranlasst, die ganze
Angelegenheit einfach zu unterdrücken. Die geistliche
(bischöfliche) Behörde in Przemysl musste sich desgleichen,
nach einem misslungenen Versuch (in Rzeszow) eines durch
Einschüchterung halberpressten Selbstgeständnisses des
Mädchens (ein Betrug zu eigenem Schaden? — Unsinn —
cui bono?), zur Anerkennung der Wirksamkeit eines boshaften
Geistes bequemen, obwohl sie sich Anfangs sehr
dagegen sträubte, vielleicht, weil alle Gebete, Benedictionen
und Exorcismen nichts fruchteten. Und der schadenfrohe,
übersinnlich mächtige Störenfried treibt seine garstigen
Possen unbehindert des Weiteren fort, quält ein hübsches,
liebliches, sittenreines Kind, welches nach übereinstimmendem
Gutachten von fünf Aerzten, körperlich, wie seelisch
durchaus gesund ist, von Hysterie keine Spur aufweist.
Helfen können sie aber nicht, selbst Prof. Dr. Ochorowicz,
der auch in Nienadowka war , konnte nichts ausrichten,
nicht einmal das Mädchen einschläfern. Herr Gott in
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