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Dr. Maier: Rettet den Nachwuchs!
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haben zu sich selbst und zu der Trefilichkeit der Sache,
der sie dienen werden. Mögen Sie zum Wahlspruch jenes
stolze Wort nehmen, das eine angelsächsische Stadt auf ihr
Wappen schrieb: „Ich will!a (I will)*)
Mögen Ihre Mitarbeiter, bei dem so bewundernswerthen,
so grossen, so würdigen Werk, das Ihnen zukommt, überzeugt
sein, dass, wenn auch die lateinischen Völker nicht
mehr allein das Gute predigen, nach dem Schönen streben,
das Gerechte wollen, das Wahre verfolgen sollen, sie sich
doch auch nicht entmuthigt und kraftlos von den anderen
Nationen ins Schlepptau nehmen lassen dürfen,
Herr G. Laroumet antwortete auf die Umfrage des
Figaro: „Wohin gehen wir?": „Der ganze Gang der Civili-
sation strebt dem Freistaat und der Völkerherrschaft zu,
aus dem einfachen Grund, weil die Völker in demselben
Mass, wie sie wohlhabender und aufgeklärter werden, sich
selbst regieren wollen, ohne sich, wie ehemals einem
religiösen oder politischen Dogma unterzuordnen. Man
gehorcht nur noch, wenn man einen vernünftigen Grund
erfahren hat, nach Erörterung und auf Grund einer Ueber-
zeugung. Frankreich stand immer an der Spitze dieser
Bewegung. Wollte es eine andere Richtung einschlagen, so
würde es nicht nur sich verirren, sondern es würde eine
Bahn verlassen, der ganz Europa — einschliesslich Deutschland
und Russland — geraden Wegs folgt, trotz der
Vergangenheit, die es zügelt, und trotz der Verschiedenheit
der Etiketten."
„Haben wir also Vertrauen zu uns selbst, erwidert
seinerseits Herr Jules Claretie, zu unserer Bestimmung, zur
Zukunft des französischen Geistes, der nicht aufgehört hat
die Welt zu befruchten." —
*) Diese stolze Devise lässt an &r. Nietzsche, den grössten Apostel
des absoluten Willens denken. Ohne den Willen ist man ein Spielzeug,
von Allem und von Allen und wird folglich niemals ein Priester der
Wahrheit sein können. — Wenn man auch nicht in Bausch und Bogen
die Theorien dieses gewaltigen Denkers annehmen kann, insbesondere
hinsichtlich dessen, was das „Recht der Gewalt des Stärkeren" betrifft,
das uns an den schönen Gedanken PascaVs erinnert: „Weil sie die
Gerechtigkeit nicht stärken konnten, haben sie die Stärke gerechtfertigt",
so wird man sich doch gern unter einem gewissen Vorbehalt folgende
Zeilen dieses „genialen Wahnsinnigen", wie man Nietzsche genannt hat,
ins Gedäehtniss zurückrufen: „Ich träume, sagt er im Gedanken an
seine „Uebermenschen", von einer Vereinigung von Menschen, die ganz
und absolut wären, die keine Schonung kennen und sich selbst den
Namen von Zerstörern geben würden, die den faulen und resignirten
Pessimismus verabscheuen und ohne Mitleid, weder für die anderen
noch für sich selbst, sich dem Werk des Lebens in der Menschheit
opfern würden."
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