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112 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 2# Heft. (Februar 1899.)
war das Boot ganz gefüllt und sank bis auf die schief aufgesetzten
Segelspitzen. Und jetzt erst sah der Knecht, wie
der Wind längst von neuem umgesprungen war und Boot
und Kahn dicht an den Hafensand getrieben hatte, wo
sonst die Knaben spielen. Er wusste nicht, was er that,
warf die Buder ins Wasser, hockte nieder zu dem Schiffer
und jammerte wie ein Kind: Ech kann nit helpe...
Den Knecht brachten sie wieder zu sich; den Schiffer
nicht. Als sie ihn fanden, hockte er im Sand am Hafen,
die Haare weiss und das v Gesieht verblödet. Sie führten
ihn nach Hause wie ein Kind. Sie pflegten ihn noch zwanzig
Jahre. So lang sie ihn Hessen, sass er auf der Bank vor
seinem Hause, starrte auf das Wasser hinaus. Und wie
seine Lippen sich bewegten, war es immer nur dasselbe
Wort: er sagte es sinnlos, plappernd, ohne dass ein Gefühl
davon und ein Schmerz in ihm war: Ech kann nit helpe!
e) Stimmen aus unbekannten Sphären. Unter
dieser Spitzmarke veröffentlichte der von Dr. Bockel in Marburg
verlegte „Reichsherold" in der Sonntagsbeilage seiner
Nr. 580 v. J. die nachfolgende gutbeglaubigte Geschichte:
Johann Heinrich von Thünen, geboren am 24. Juni 1783 zu
Kanarienhausen im Jeverlande war ein hervorragender
Nationalökonom und als Landwirth hervorragend und muster-
giltig. Seine Schriften, vor allem die epochemachende, von
gewaltigem Scharfsinn zeugende „Der isolirte Staat und
seine Gesetze" zeugen von mathematisch geschulter Geistes-
thätigkeit und aussergewöhnlichem Scharfsinn. In seinen
Briefen zeigt sich Thünen als Mann von tiefer Innigkeit
des Gemtiths und edler nationaler Gesinnung, und dieser
Geist ist es auch, der seinem Bilde das Gepräge giebt.
Ein wohlwollendes, ehrliches Gesicht, mit Augen, die wesentlich
nach innen gerichtet, Zeugniss ablegen von einem reichen
Seelenleben.
Aus diesem Seelenleben wollen wir dem Leser ein
interessantes Vorkommniss, das durch glaubwürdige Zeugen
erwiesen ist, berichten:
Thünen besass drei Söhne, von denen der zweite,
Alexander, sein Lieblingskind, im Jahre 1831, nur 17 Jahre
alt in Parchim starb. Es war für Thünen ein schwerer
Verlust, er schreibt darüber an seinen Freund Christian von
Buttel wörtlich :
Als in der Nacht vom 10. auf den 11. October, drei
Tage nach Alexander'* Tode, meine Frau und ich zwischen
2 und 3 Uhr Morgens erwachten, fragte meine Helene
(Thünen9s Frau) mich, ob ich nicht entfernte Glockentöne
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