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Kurze Notizen.
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begriffen, welche die Ausnutzung des neuen Verfahrens
übernimmt, das noch vor 10 Jahren niemand für möglieh
gehalten hätte. —
g) Die Natur des künstlerischen Schaffens
ist von der „Neuen deutschen Rundschau" bekanntlich zum
Gegenstand einer Umfrage gemacht worden, die in der jetzt
vorliegenden Serie von Antworten interessantes Material
z. B. über die Schaffensweise Hans Thoma's zu Tage fördert.
Der Frankfurter Künstler lässt sich wie folgt vernehmen:
,.Aeussere Umstände für meine Lust und Fähigkeit zum
künstlerischen Schaffen braucht es keine anderen als die,
unter denen überhaupt der Mensch arbeiten kann — also
Gesundheit — ausgeruht sein — und weil ich Maler bin,
genügendes Licht. Wie ich zu den Ideen für meine
Bilder gelange, kann ich nicht sagen — sie scheinen
mir in der Luft zu hängen und auf der Strasse zu liegen
— und ich brauche sie mir nur zu nehmen, — ich habe
über diese Frage noch nie nachgedacht. Ich träume viel
von Bildern und sehe oft herrliche Dinge im Traume,
ich bewege mich dann unter ganz eigenartigen
Raum Verhältnissen — fast möchte ich sagen,
ich sehe ringsum; — ich habe es auch schon versucht,
ein Bild nach der Erinnerung an einen solchen Traum zu
malen; — aber das Bild braucht immer ein optisches
Gesetz, welches im Traume aufgehoben
ist, — so wird es etwas ganz anderes, als der Traum war.
Ob ich solche Träume habe, weil ich Bilder male, oder o b ich
Bilder male, weil ich solche Träume habe, weiss
ich nicht. Auch wenn ich Musik höre, sehe ich
meistens schöne Bilder oder mache Pläne für solche/*
Der freundliche Einsender dieser Notiz, Herr cand.
ehem. H. Valdek in Darmstadt, schreibt uns hierzu: Soeben
finde ich noch unter meinen Ausschnitten beiliegende Notiz
des „Frankf. Gen.-Anz.": vThoma bei der Arbeit", mit
einigen sehr interessanten Worten diesas genialen Künstlers.
Wer denkt nicht bei den unterstrichenen Worten unwillkürlich
an die vierte Dimension? Beim Genie, wo die
transcendentale Wesenshälfte heller durchleuchtet, als beim
gewöhnlichen Sterblichen, und besonders im Traume, der
das Durchleuchten erleichtert, mag ein solcher Durchblick
in weitere Räume wohl stattfinden. Man bemerke
das s^hr charakteristische „ich sehe ringsum"
und das Scheitern der Wiedergabe im dreidimensionalen
Bewusstsein. — Ausserdem wollte ich mir erlauben, im An-
schluss an den höchst anregenden und interessanten Artikel
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