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122 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 3, Heft. (März 1890.)
die Presse? Welches anderej&littel gäbe es, bei den Massen,
denen von unwissenden oder halbgebildeten Agitatoren und
von einer im seichtesten Materialismus befangenen Presse
täglich vorgeredet wird, es sei eine wissenschaftlich bewiesene
Thatsache, dass es keine Seele, keine persönliche Portdauer
und damit auch keine jenseitige Verantwortung des
Individuums gebe, ein Interesse zu Gunsten der sozialen
Erneuerung durch die wissenschaftliche Geistlehre des Spiritualismus
zu erregen? Wie soll man schliesslich ohne
diese jenes feste Band bilden, das, iudem es die Lehrenden
mit den Lernenden verbindet, jene energische und fruchtbare
Thätigkeit ermöglichen wird, ohne welche wir dem geistigen
Tod anheim fallen?
Um einen Anfang (zur Volksaufklärung in diesem
edelsten Sinn) zu machen, müsste mau ein täglich erscheinendes
, womöglich illustnrtes Journal (zu o Pf. die
Nummer) gründen. Nichts macht auf den Geist des Lesers
(zumal des rückständigen) einen lebhafteren Eindruck, als
dias Bild; in wenigen Jahren wird auch die ganze naturwissenschaftliche
, philosophische und politische Presse
illustrirt sein.
Ebenso müsste man ^womöglich gleichfalls illustriite)
Broschüren zu ganz billigem Preis unter die Massen werfen.
Dieselben müssten unentgeltlich an die Syndikate von
Arbeitgebern und Arbeitnehmern, an alle Vereine, an alle
Voiksbibliotheken u. s. w. zur Massenverbreitung verschickt
werden. Mit einer Klarheit uud Einfachheit redigirt, welche
dieselben jedermann zugänglich machen würden, mussten
diese Schriften jeweilig auch ein vollständiges Kapitel über
die .Rechte und Pflichten des Menschen, sowohl als
Individuum, wie als Mitglied der Gesellschaft betrachtet
(vom Standpunkt einer reinen, unabhängigen Moral), oder
doch eine Zusammenstellung wissenschaltlicher, sich gegenseitig
ergänzender und kontrolirender Ergebnisse bringen,
so dass der Leser daraus einen präzisen und möglichst
vollständigen Schluss — ich will, um nicht tendenziös zu
erscheinen, nicht sagen, einen philosophischen, aber einen
praktischen Schluss — ziehen konnte, der ihm als
Pührer im Leben dient.
Solche Schritten müssten dann auch den Personen, die
sich freiwillig als Verbreiter anbieten, gratis zur Verfügung
gestellt und so eingerichtet werden, dass diese ohne allzu
grosse eigene Mühe in den Stand gesetzt würden, die ihnen
entgegentretenden falschen Vorstellungen mit Erfolg zu
bekämpfen und zu widerlegen. Die wirklichen Apostel sind
selten, und andererseits absorbirt der Kampf ums Dasein,
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