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124 Psychische Studien. XXVI. Jahrg, 3. Heft (März 1899.)
parteiischen, so grossen, so edeln Werke mitarbeiten zu
dürfen.
Ach wie oft begegnete ich während der nur allzulangen
Reihe meiner Kämpfer-Jahre solchen Liebhabern, die nur
allemal sagten: „Auch wir wären Kämpfer, wenn Sie uns
nur einen lebendigen Kern einer unparteiischen Tbätigkeit im
Dienste der „Wahrheit ohne Beisatz" angeben könnten."
Ach, wie viel verlorene Kräfte! Verwünscht sei der Sektengeist
und der engherzige Parteifanatismus, die den besten
Willen in kurzer Zeit abtödten!
„Aber, werden Sie mir sagen, Sie wissen besser als irgend
jemand, dass der blosse gute Wille nicht genügt, um eine
derartige Organisation der vorhandenen Kräfte
ins Leben zu rufen. Um das Ziel zu erreichen, braucht man
Geld und sogar viel Geld. Woher wollen Sie diesen „Nerv
des Krieges" nehmen, der in unserem Fall der „Nerv des
allgemeinen Friedens" würde?" —*
Geld, Herr Doctor, das werden Sie und Ihre Freunde,
wenn Sie nur wollen, in solcher Menge finden, dass Sie es
mit der Schaufel umdrehen können.*) Glauben Sie in dieser
Hinsicht einem alten Kämpfer, der Gelegenheit hatte, mit
gar vielen Kreisen in Berührung zu kommen und der in
Folge dieser reichlichen Lebenserfahrung de visu sprechen
kann: Im wissenschaftlichen Spiritualismus
liegt der Schlüssel, der fast alle Kassenschränke
öffnen wird. Was die Priester durch die
Beichte und durch ihre Drohungen mit den ewigen Höllenstrafen
oder mit dem Fegfeuer bewirkt haben, um Millionen,
was sage ich? Milliarden zusammenzubringen, das wird der
echte, wissenschaftlich begründete Spiritualismus, der an der
Schwelle des Grabes von neuem die Fahne der schon aufgegebenen
Hoffnung aufpflanzt, mit nicht weniger Erfolg
ohne Drohungen noch Schrecken, ohne die Ver-
mittelung irgend eines Priesters oder Statthalters Gottes
auf Erden, lediglich durch das Mittel der eigenen freien
Ueberzeugung zu Stande bringen. Die Leute werden gern
und freiwillig den Beutel aufmachen, wenn man auf wissenschaftlichem
Wege und durch erprobte Männer der Wissenschaft
, deren Ehrenhaftigkeit niemand zu bezweifeln wagt,
wie Sie und Ihre Freunde es sind, endlich erfahren wird,
dass das menschliche Leben nicht an der Schwelle des
*) Die Red. der „Psych. Stud." erlaubt sich bei dieser optimistischen
Hoffnung ein ganz bescheidenes Fragezeichen anzufügen! Wenigstens
im deutschen Vaterland hat man ja leider zu allem anderen eher Geld
als zur Unterstützung eines selbstlosen Unternehmens, von welchem das
Glück jedes Einzelnen und das Wohl der zukünftigen Generation abhängt.
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