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Dankmar: Curiosa aus der Teufels-Periode des Mittelalters, 147
inficirt, zu betrachten; es fragt sich nur, woher der erste
Anstoss kommt, und woraus der Zustand der Leichen
im Grabe zu erklären ist.
Der erste Anstoss zu dieser Seuche muss entschieden
vom Todten selbst ausgehen, der durch seine niedersten
Seelenbestandtheile in einen vitalen Eapport tritt zu dem
Lebenden und diese untersinnlichen Communicationen
instinctiv dazu benutzt, seiner physischen Zellenhülle, von
der er sich nicht loszulösen vermag, das zuzuführen, was
der Sitz des organischen Lebens ist und als vinculum
(— Bindemittel) zwischen Diesseits und Jenseits gilt:
frisches Blut. Von der Beschwörung des Odysseus
(Odyssee XI, 23—50), von Herodot's Todtenorakel am See
Aornos und von Lucaris furchtbarer thessalischer Todten-
beschwörung der Erychtho — bis zu Heilenbachs Versuch,
der bei Materialisationssitzungen (wohl nach Eckartshausenh
Recept: „Aufschi, über Magie" II, 378) gewisse Substanzen
aufstellte, sehen wir, dass Geistern Verstorbener Blut
geboten wird. Es werden stets nur solche Verstorbene
Blut, als Symbolum der Materie, schmecken wollen, welche
im Leben schon mit ihrem ganzen Sinn in dieser Welt des
Materiellen aufgegangen waren und sich deshalb nach dem
Tode nur schwer essentificiren können und an den Dunstkreis
der Erde lange gebunden bleiben. Sie sind, wie Helleribach
meint, Wahnsinnigen zu vergleichen, welche sich nicht
in die neue Anschauungsform hinein finden können. Er
erklärt Derartiges „aus dem Umstand, dass das Aufhören eines
Bewus3tseins und der Beginn eines anderen nothwendig
einen Zustand herbeiführen muss, welcher in der Bruch-
fläche beider Anschauungsformen liegt und
Analogien mit unseren Wahnsinnsformen ergiebt," daher
auch der Wahn, das verschwundene Leben erhalten zu
wollen, das Bestreben erzeugen kann, den Leichnam vor
Verwesung zu schützen *) — Nun nimmt die indische
Geheimlehre als Sitz und Concentrirungspunkt aller niederen
Begierden, Leidenschaften, Wünsche einen Grundtheil der
Seele an, den sie Käma-Rupa oder Begierden- (= Wunsch-)
Körper nennt, und in diesem können nun alle Begierden,
Leidenschaften u. s. f. des Sinnenlebens, auch nach dem
Leibestode fortdauern; dieser „Willensträger" hat keine
Vernunft, sondern handelt nur nach dumpfen, traumhaften
*) L. Baron Heilenbach: — „Geburt und Tod.u XI, 196 ff. und
„Aus dem Tagebuch eines Philosophen," 261 ff. — Den Bericht über die
Materialisations-Sitzungen (mit Bastian und Loüy lowler) in denen
gewisse aufgestellte Substanzen verdampfen, findet man in Hellen*
bach*%\ „Die neuesten Kundgebungen einer intelligiblen Welt", p. 25,
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