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148 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 3. Heft. (Märs 1899.)
Trieben. War nun die Natur des lebenden Menschen eine
sehr sinnliche, so wird diese Thierseele die Genüsse zu
befriedigen suchen, die sie schon im Leben erstrebte und
deshalb noch in der Anziehungssphäre der Erde verweilen.
„Sie lechzen nach sinnlichem Genuss und sehnen sich nach
dem, worin ihr Sinn im Leben hing," — sagt Paracelsus,
und so entstehen Bhuts, d. i. erdgebundene Elementargeister
. Sensitive sollen derlei Eleraentaries als violette
Lichterscheinungen über den Grabstätten schweben sehen,
daher vielleicht Calmetfs Bericht von dem Lichtschein über
den Gräbern Vampyrisirter.
Mit diesen niedersten Seelenbestandtheilen wird also
ein Contact hergestellt und dem Lebenden durch den
„Vampyr" Lebenskraft (= Prana) entzogen, und dadurch
ein gewisses pflanzlich-vegetatives Leben im Leichnam
des Vampyrs erhalten. Wir brauchen also an kein
wirkliches Saugen, keine wirkliche Blutentziehung zu
denken; der Nervenaura wird Lebenskraft entzogen, und
so angesehen, kann man die Vampyrisirten mit Görres
„organisch Besessene" nennen, im Gegensatz zu ^geistig
Besessenen." Aus diesem Rapport heraus wird das
Würgen, die Athemnoth und rapide Schwächung der Vampyrisirten
vielleicht erklärlich, und die blauen „Saug"-
Flecken wären als stigmata einer vom „Vampyr" ausgehenden
Fremdsuggestion zu nehmen. Darum erblickt der Geplagte
auch das Phantom des Vampyrs, und es entstehen spukartige
Erscheinungen am Eigenthum und Vieh des Vampyrs, welche
mit in den zerstörenden Kreis dieses Rapports treten.*) —
C. W. Leadbeater führt die Vampyrzustände auf Wesen
zurück, die so selbstsüchtig und verworfen waren, dass im
menschlichen Leben ihr niederer Manas gänzlich in Kama
versinkt, von dem höheren Ego getrennt wird und sie
nach dem Tode in jener mysteriösen „achten Sphäre"
der totalen Vernichtung entgegengehen. Unter bestimmten
Umständen nun kann solch ein verlorenes Wesen —
„durch ein freilich nicht weniger schauderhaftes Todten-
leben, durch das Fortleben als Vampyr, dieses entsetzliche
Loos noch hinausschieben. Weil es erst nach dem Tode des
Körpers der achten Sphäre anheimfallen kann, so erhält es
*) Ein Beweis, dass nur die niederen Seelenprinzipien mit Durst
nach erdenhaftem Dasein gefüllt sind, ist vielleicht auch darin zu suchen,
dass gewisse Körpertheile der Leichen ein besonderes, wie mit Leben
erfülltes Aussehen zeigen. Z. B. im Falle zu Meduegya das Weib Stana,
und im Protokoll über Peter Plogojomtz steht, dass man ausser den
angegebenen „auch noch andere, wilde Zeichen, welche man wegen
hohen Kespectes umgehe4*, gefunden habe.
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