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150 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 3. Heft (März 1898.)
blick an Auflösung und Zerfall konstatirt werden kann,
in dem das Lebensprinzip unseren Zellenbau verlassen
hat. Schon anderwärts habe ich betont, dass das jedem
Menschen innewohnende Lebenspriuzip entsprechend indivi-
dualisirt und psychisch modificirt wird (man denke an
Jägerh „Anthropin", welches den Epidermodialgebilden
des Menschen entströmt, = Bio-Magnetismus) und damit
imprägnirten Gegenständen unzerstörbar anhaftet*); will
nun ein Hellseher mit einer Person in Rapport treten (etwa
um ihren unbekannten Aufenthaltsort zu erforschen), oder
will ein Adept wider einen Menschen schädigende Magie
üben, so müssen Beide mit der „Mumie14 dieses Betreffenden
getränkte Gegenstände (Haare, gebrauchte Wäsche, Nägel)
haben, um mit jenem in Verbindung treten zu können. Wir
ersehen hieraus, dass durch das diesen Gegenständen anhaftende
Lebensprinzip, mit dem sie quasi geladen sind,
eine Verbindung mit dem Organismus hergestellt werden
kann, und sind so berechtigt, zu sagen: Bis zum vollständigen
Entweichen des Lebensprinzips (Prana «= indivi-
dualisirtes Od-Anthropin), das ist vollständigen Zerfall der
Zelle, kann der dem Augenschein nach todte Körper
noch immer in Contact stehen mit niederen Bestandteilen
der Seele und so im Körper ein gewisses, dumpfes Unter-
bewusstsein vorhanden sein. F. Weitenkampf nimmt
einen gewissen Mittelzustand zwischen Leben und
Tod an, in dem die Vampyre begraben sein sollen,**)
und der Professor der Anatomie und Physiologie am
Kings-College Dr. ff. Mayo***) sagt klipp und klar, dass
er zur Erklärung der Vampyrerscheinungen annehmen müsse,
die betreffenden Unglücklichen seien im Zustand des
Scheintodes, d. i. in einer Todesextase, in welcher
Suspension der Herzthätigkeit, des Functionirens der
Athmungsorgane und der Bewegung eintritt, und die
Körperwärme bis auf ein unwahrnehmbares Minimum sinkt,
*) loh habe anderwärts über dieses Prana und damit geladene
Gegenstände Näheres beigebracht und mit Beispielen belegt; siehe
meine „Praeliminarien zu einer Theorie der Spukerscheinungen." IV.
„Psych. Stud." September-Heft 1897.
**) G. C. florsti „Zauberbibiiothek" I, 270 ff.
***) H.Mayo: „Wahrheiten im Volksaberglauben, nebst Untersuchung
über das Wesen des Mesmerismus" 1854. II, 48, IV, 80, VIII, 138.
Mayo sagt unter Anderem auch: „So war der Vampyrismus wahrscheinlich
ein Besuch des freigewordenen Theiles der Seele des im Grabe
liegenden, Scheintodt Beerdigten, und der Besuch wurde dem Besuchten
dadurch verhängnissvoll, dass Ekstase ansteckend ist. — Prof. Fischer,
der Autor des schon citirten Werkes: „Der Somnambulismus" nimmt
ebenfalls katalept isohen Scheintod als Erklärung an.
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