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Kurze Notizen.
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schreibt uns mit Bezug auf die Erwähnung seines von uns
im Januar-Heft (Anmerkung auf S. 33) besprochenen
Buches Herr Oberstudienrath v. Dillmann aus Stuttgart:
„Geehrter Herr Professor! Es ist wirklich liebenswürdig von
Ihnen, dass Sie immer noch meinen, Sie können die „Packelträgerin
" zu Ehren bringe)]. Todtgeschwiegen, wie sie ist,
ist Niemand im Stande, die bereits Begrabene zur Auferstehung
zu bringen. „Damit auch die Käufer
„Dieses Buchs vom Laufe der Welt sich täglich belehren.
„Denn so ist es beschaffen, so wird es bleiben, und also."
Wer ein Buch schreibt und meint, er könne damit
etwas wirken, der irrt, und kann nur dadurch von seinem
Irrthum geheilt werden, dass er von Allen vergessen wird.
So erreicht man am leichtesten die Stufe des Nirwana,
das höchste Glück unserer östlichen Nachbarn. —
Ueber die Unzertrennbarkeit von Raum und Zeit habe
ich übrigens neuerdings auch einen Beweis — einen gemeinverständlichen
— gemacht. — Heute ist es Sonntag; ^
so sprach der Pfarrer.— Ich fragte ihn, wo? — Er: Hier
in Stuttgart. — Tch: Und in Peking? — Nun da ist das
Heute vorbei, und in St. Francisco? — Nun da beginnts
erst, das Heute, —
Also ist Heute, die Zeitbestimmung, gar nicht denkbar
ohne das Wo, ohne die Eaumbestimmung. Ja wenn ich
genauer zusehe und sage: Heute ist der x\.ugenblick, da
die Sonne durch den Meridian geht, und ich denke mir, ich
fliege mit dem Meridian von Ost nach West ganz um die
Erde herum, so habe ich das Heute von der Ausdehnung
einer Sekunde auf eine Frist von 24 Stunden verlängert.
Und wenn ich nach 24 Stunden noch nicht müde bin und
noch einmal mit der Sonne um die Erde herumfliege, so ist
das Heute auf 48 Stunden u. s. f. verlängert. So kann ich
das Heute zu Jahren, Jahrhunderten anwachsen lassen und
dann giebt es für mich Oberhaupt keine Zeiteil)theilung
mehr, sondern blos noch die fortgesetzte, unterschiedslose
Dauer, gerade wie der Raum auch dieses fortgesetzte,
unterschiedslose Nebeneinander ist.
Denkt man sich daher die Sonne leuchtend in eigenem
Licht und sonst gar nichts mehr in der Welt, so lässt sich
fragen, ob es für diese, um ihre eigene Achse sich drehende
Sonne eine Zeit geben kann. Denn woran soll denn zu
erkennen sein, dass die Drehung vollendet ist? woran, dass
die Drehung begonnen hat? woran, dass sie sich dreht? Ist
nicht die unausgesetzte Drehung nothwendig die vollständige
Ruhe?" — Wir empfehlen diesen neuen Gesichtspunkt der
Erwägung unserer mathematisch gebildeten Leser, welche
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