http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1899/0200
190 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 4. Heft. (April 1899.)
Einmal ein Bursche, ein anderes Mal ein Weib haben ihn
spät Abends, oder in der Nacht gesehen. Einmal beobachtete
ihn, von einem Vorübergehenden aufmerksam gemacht, sogar
eine Gesellschaft von Federschleissenden.
Aber Niemand hatte Gelegenheit gehabt ihn in nächster
Nähe zu beobachten. Nur ein alter Schafmeister berichtete,
er hätte Mitte November, als er ein noch nicht überackertes
Kartoffelfeld zu hüten hatte, den Feuermann oder nächtlichen
Leuchter ganz nahe gesehen. Er begab sich mit
seinem Hund an ein an der Gutsgrenze gelegenes Feld
(merkwürdiger Weise wird das anstossende grosse Feld
„BojiltÖ — Wahlstatt" genannt), der Himmel war bedeckt,
die Luft kühl und beinahe neblig bei Windstille. Der Ort
weit und breit öde, ein mit Bäumen bepflanzter, am Tage
selten. Nachts überhaupt nicht benutzter Feldweg theilte
die Fluren. Nach 9 Uhr Abends beobachtete er einen
ziemlich intensiven Lichtschein, der sich ihm querfelderein
näherte, so stark, dass die Bäume und Aeate deutlich zu
sehen waren, wie die Lichterscheinung in die Nähe der
Bäume gelangte. Der gewissenhafte Wächter gab seinem
Hund ein Zeichen, bereit zu sein. Der Hund spitzte die
Ohren. Nun tauchte aus dem Halbnebel eine grosse, dunkel
gekleidete männliche Gestalt auf, jedoch kopflos« und trug
einen feurig leuchtenden männlichen, starken Kopf unter
dem Arme. Der betroffene Scbafmeister wollte seinen
Augen nicht trauen, doch, je näher die Licbterscheinung
kam, desto genauer sah er die Einzelheiten der schauerlichen
Erscheinung. Er befahl dem Hunde anzugreifen,
doch der Hund verkroch sich zwischen seine Füsse und
war nicht von der Stelle zu bekommen. Die Erscheinung
ging ruhig in einer Entfernung von circa zwanzig Schritten
vorbei, schwenkte in einer Entfernung von circa hundert
Schritten rechts ab, und der Lichtschein verlöschte plötzlich
in den vollends flachen Feldern.
Der alte Schafmeister starb erst vor zehn Jahren,
nachdem er mir die Geschichte einige Mal erzählt hatte.
Merkwürdiger Weise hörte anfangs der achtziger Jahre
das Gerede von der Erscheinung des Feuermannes gänzlich
auf. Es wäre noch zu bemerken, dass die Jahre 1870—1880
zumeist trocken waren, wogegen mit 1880 die Serie der
nassen Jahrgänge begann. Erst nach dem Jahre 1893 hörte
ich wieder zum ersten Male vom Feuermann sprechen. Es
kam so:
Anno 1893 habe ich bei dem Meierhofe Predbo* auf
der Flur „Opuka" Klee in Sommergetreide angebaut. Da
die Kleesaat nach der Getreidefechsung Schonung brauchte,
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1899/0200