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208 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 4. Heft. (Aprü 1899.)
so betrachtet, eine Solidarität zwischen dem Phantom und
dem Porträt, das die irdische Person des Erscheinenden
darstellt, vor uns.
C.
Das ganze Mittelalter ist voll von Gespenstern und
Teufelslarven aller Rassen und aller Farben, die in
dunkler Nacht, aber auch bei hellem Tageslichte, den
harmlosen Bürger ängstigend und neckend, ihr Unwesen
treiben, — Um gleich ein in der vorigen Begebenheit
ähnliches Vorkommniss herauszugreifen, berichtet uns
E. D. Hauber*) von einer — „Merkwürdigen Geschichte,
wie ein gemahltes Bild ein Gespenste worden", — welche
sich zu Wels in Ober-Oesterreich in einem vornehmen
Wirthshause ereignet haben soll. Daselbst soll nämlich
einem Herzog von Lothringen Gift beigebracht, der Körper
nach „Insprug" gebracht worden und in dem Zimmer, wo
er (in Wels) verstorben, ein grosses „Contrefait Hochgedachten
Hertzogs" nach der Lebens-Grösse auf dem
„Parade-Bettea aufgehängt gewesen sein. Verschiedene
durchreisende „Oavalliers, welche in eben diesem Zimmern
geschlaffen", versicherten, dass der verstorbene Herzog
umgehe. Der Wirth, in Angst, sein Gasthof möge dadurch
in Verruf kommen, schläft eine Nacht allein in dem Zimmer,
um eventuell hinter einen Schelmenstreich zu kommen.
Wirklich aber um 11 Uhr sieht er, dass — „der gemahlte
Hertzog aus dem Bette aufstünde", (nämlich aus dem auf
dem Bilde gemalten Paradebett), in's Vorgemach schritt,
die Treppe herab, zum Haus hinaus und geraden Wegs in
die gegenüberliegende Kirche hineinging. Oapuziner-Mönche
beschwören, anderen Nachts, den Geist, und als ihm sein
Verlangen, seinen Leichnam nach Lothringen in die Ruhestätte
seiner Vorfahren zu bringen, erfüllt, und das Spuk-
Bild in das Refectorium des Klosters gebracht wird, hört
und sieht man nichts mehr von dem Spuk. Halb ironisch,
halb ernst setzt der gute Superintendent Hauber bei: —
„Wer würde so kühn seyn, das Bild eines so grossen und
vortrefflichen Fürsten zu diesem Gespöke zu gebrauchen,
wenn die Geschichte nicht wahr wäre?" — Von solchem
Äevenant handelt auch folgende curieuse Histoire des
biedern Petrus Goldschmidt, Pastor Sterupensis,*) der uns
*) E. D. ffauber: „Bibliotheea magica." II, 24, 809 ff.
**) Petrus Goldschmidt: „Höllischer Morpheus, welcher kund wird
durch die geschehenen Erscheinungen Derer Gespenster und Poltergeister
u. s. f." (Hamburg, 1698.) Der Titel ist au lang und — zu albern,
um ihn vollständig wiederzugeben.
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