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Dr. Maier: Naturwissenschaftliche Seelenforschung. 213
Erst das hypnotische Experiment hat die Abhängigkeit
auch des sympathischen Nervensystems vom Grosshirn nachgewiesen
. Den Beweis hierfür erbrachten die suggestive, also
kortikal veranlasste Beeinflussung der Funktionen des
Sympathikus, die sich oft mit einer ans Wunderbare
grenzenden Präzision vollzieht, wie dies schon aus den
Publikationen der medizinischen Hypnotisten Bernheim,
Wetterstrand, Forel, Moll, Krafft-Ebing u. a. zur Genüge bekannt
ist. In der Grosshirnrinde treffen die vom biochemischen
Hunger des Organismus umgeformten (negativen) Fluktuationen
der Neurocymen auf durch äussere physisch-chemische
Beeinflussung im Wege der Aussensinnenapparate, also
objektivisch veranlasste (positive) Strömungen. Aus den
sich vollziehenden Vereinigungen beider ergeben sich die
Bewusstseinserscheinungen und ihre aus dieser Vereinigung
entstehende Wirkung besteht in einer impulsirenden Ueber-
strömung (als Motivation) auf die motorischen Nerven. Jene
Vereinigung äusserer physisch-chemisch und innerer organischbiochemisch
modifizirter Kraftströme hat also Bewusst-
werdungen mit der Wirkung von Willkürmuskelinnervationen
zur Folge.
Das psychologische Grundgesetz lautet demnach dahin:
Das Bewusstsein ist eine Vereinigung psychischer,
subj ekti visch und objektivisch modifizirter
Kraftströme innerhalb der zur Vorstellungsbildung
geeigneten und sie ermöglichenden
Grosshirnrinde, wobei unter Bewusst seins-
schwelle der Moment der Vereinigung beider
zu verstehen ist.
Seine Auseinandersetzung mit dem hochverdienten Wiener
Physiologen Sigm. Exner, der sich in seinem Versuch einer
physiologischen Erklärung der psychischen Erscheinungen als
ein gefälliger Unterthan der psychophysischen Parallelitätslehre
erweise, schliesst Verfasser mit den bemerkenswerthen
Worten: „Die Zeit, eine Erscheinung von Wirklichkeit im
spekulativ-philosophischen Sinne zu erklären, ist längst
vorüber. J edes derartige Unternehmen ist gefährlich, ob man
es im spiritualistischen Sinne ausführen will: — denn die
Wirklichkeit der Welt ist keines Beweises bedürftig —, ob
im materialistischen Sinne: die Naturwissenschaft drängt
mehr und mehr zur Eliminirung des Substanzbegriffs, sie
anerkennt nui Energie in verschiedenen Arten, die sich
formell als Bewegungen, als Veränderungen an und mit
statischen Energien auflösen lassen. (Substanz ist blos der
Name für Energien in statischer Form, die Seele ist Energie
in dynamischer Form, kann daher niemals als eine Substanz
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