http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1899/0228
218 Psychische Stadien. XXVI. Jahrg. 4. Heft. (April 1899.)
aufgeräumter Stimmung das Medium in sein eigenes Herz
schauen, wobei sie sofort äusserte, die Nerven seien zwar
sehr erregt, allein die Erregung müsse eine freudige sein,
weil das Organ schön lichtroth gefärbt sei und kräftig
funktionire.
Entsprechend den Effekten der primären psychischen
Fähigkeit der Ernährung, Erhaltung und I?ortpflanzung sind
es vorzüglich drei Organe, oder vielmehr Organkomplexe,
deren entoperiphere Nervenendigungen als spezielle Auf-
nahmeapparate subjektivischer (negativer) Empfindungen
dienen; das Verdauungsrohr, insbesondere der Magen, die
blutbefördernden Organe, insbesondere das Herz und die
Sexualorgane. — Erst die harmonische Zusammenwirkung
der äusseren und inneren Kräfte macht die spezialisirte, die
ausgebildete, bewusste Empfindung. Bei den Innensinn-
organen entsteht hieraus die Lustempfindung. Die
kräftige Funktionirung der Nerven, die ein Lustgefühl ins
JBewusstsein setzt, hat natürlich auch eine Verstärkung des
vegetativen Effektes der Nervenfunktion zur Folge, der
Stoffwechsel geht rascher vor sich, sowohl die tropbische als
die sekretorische Wirkung ist eine erhöhte, dem Wachsthum
zu gute kommende, Wachsthum und Lustgefühl sind daher
unzertrennliche Genossen. Darum ist die Jugend, die Zeit des
Wachsthums, auch die Zeit der Lust und Freude, während im
Alter mit abnehmendem Stoffwechsel Unlust und Mürrischkeit
vorherrschend werden. Eine Störung des Aggregatzustandes
der inneren Nervensubstanz erzeugt jene Fluktuation
entwickelter Neurocymen, deren ßewusstwerdung wir als
körperlichen Schmerz bezeichnen. Den seelischen Schmerz
betrachtet Verfasser bezeichnender Weise nur als subkortikal
reproducirten Schmerz, der aber unter Umständen zu einem
körperlichen Schmerz anwachsen und zu entsprechenden
Muskelbewegungen führen kann. — Sehr interessant ist auch
der vom Verfasser vorgenommene Versuch einer suggestiven
Herabsetzung der Sekretionsthätigkeit der Magensaftdrüsen,
der durch posthypnotischen Befehl des anderen Tags nicht
nur vollständigen Mangel an Appetit, sondern auch völlige
seelische Gleichgiltigkeit und später einen nervösen Hautausschlag
zur Folge hatte«
Das Resultat seiner Experimente über die Gefühle fasst
Verfasser dahin zusammen: „Gefühle sind jener Theii der
Vorstellungen, welcher von den subjektivischen Empfindungen
beigestellt wird. Die Art der Gefühlsbetonung entspringt
aus der Harmonie oder Disharmonie
der subjektivischen Reizeinwirkung mit der
psychischen Wirkungsthätigkeit innerhalb der
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1899/0228