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220 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 4. Heft (April 1899.)
Wahrnehmung der räumlichen Substanz eines
Objekts ausmachen (während sie thatsächlich nur der
Ausdruck für bestimmte Relationen sind). Die sekundären
Eigenschaften der Objekte, welche für unser ßewusstsein
die wichtigsten objektiven Kennzeichen ausmachen (wie
Licht, Farben, Ton, Geruch, Geschmack) besteht in der
objektiven Fähigkeit, die medicinische Wirkung in
spezieller Weise zu beeinflussen.
Die Citrone z. ß. erzeugt nicht selbst Licht, sie besitzt
aber die Fähigkeit, die Gelbempfindung des von ihr erzeugten
Lichtes zu erzeigen. Die Substanz der Objekte oder richtiger
die sie bildenden statischen Kräfte stellen zwar nicht selbst
oder allein das Material zu jenen objektiven Reizwirkungen,
die wir als sekundäre Eigenschaften der* Objekte bezeichnen,
sie wirken aber zum Zustandekommen dieser Reizwirkungen
in sehr wesentlicher Weise mit. Dies ergiebt die Einsicht,
dass jedes wahrnehmbare Objekt einerseits als Vorstellungs-
theil im ßewusstsein und gleichzeitig andererseits als Wirkung
in der Aussenwelt vorhanden ist.
Aber nicht, was ist, gelangt in unser ßewusstsein,
sondern einzig und allein nur, was geschieht. Weil wir
immer nur ein Geschehen wahrnehmen können, so können
wir auch niemals das Entstehen eines Seins wahrnehmen,
sondern nur das eines Vorgangs. Uebrigens lehrt uns das
Gesetz der Konstanz der Energie, dass es ein
Entstehen oder Vergehen des Seienden gar
nicht giebt, sondern nur eine fortdauernde
Veränderung des Geschehens. Ob die Kerze verbrennt
oder zergeht, an dem Sein der Kräfte, deren Zusammenwirkung
in uns die Wahrnehmung der Kerze erzeugt,
wird niemals etwas geändert, nur an der Form ihrer
Wirkung. Sobald die Zusammen Wirkung aufhört, hört
selbstverständlich auch die dadurch erzeugte Erscheinung
ihrer Wirklichkeit auf, die Kräfte selbst hören
nicht auf zu sein und zu wirken, sie ändern
nur ihre Wirkungsform und damit auch ihre
Erscheinung. —
Da es keine unbewussten Vorstellungen, sondern nur
unbewusste Empfindungen giebt, haben wir auch nicht
nöthig unserem Subjekt Ich ein aus unbewussten Vorstellungen
bestehendes transscendentes oder reales tch zu
Grunde zu legen. Das Transscenden te ist die
unverkennbare Realität aller Kraft, das jeder
Wirkungsthätigkeit oder Kraftform zu Grunde
liegende Reale, dessen Kundgebungen alle
Kraftformen, also einschliesslich der Psyche,
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