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234 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 4. Heft. (April 1899.)
finde aber den Grund, weshalb der Animismus nicht im
Stande sei, alle okkulten Thatsachen restlos zu erklären,
in dem noch nicht völlig gelichteten Dunkel betreffs der
Bedingungen,unter welchen animistische Phänomene auftreten.
Diesen Restcharakter des Spiritismus müsse man
sich stets vor Augen halten. —
/fa^er-München bestreitet durchaus nicht die Möglichkeit
des Eingriffs Verstorbener, möchte aber betrachtet wissen:
1) das Medium, 2) die Cirkelsitzer und erst 3) den nicht
inkarnierten Geist. Die animistische Hypothese erscheint ihm
übrigens durchaus nicht einfacher, im Gegentheil viel
komplicirter als die spiritistische (was auch unserer Ansicht
entspricht). Wir müssen bestrebt sein, die animistische
Voraussetzung soweit als möglich zu beachten, sind aber
logischer Weise gezwungen, der spiritistischen als einem
„additiven Glied" gleichfalls Raum zu geben. — Dr. Bormann
erinnert an die jftmJ'schen Normen von dem fortwährenden
Verkehr unseres Geistes mit einer „immateriellen Geisterrepublik
", hält jedoch die Annahme eines Mitwirkens von
Spirits bei allen Vorgängen für unstatthaft, während die
absolut animistische Theorie gleichfalls sehr auf Krücken
gehe?— Der Vorsitzende macht noch darauf aufmerksam, dass
Kant an jener Stelle, wo er davon redet, dass unser Geist
dieser Welt sowohl als der anderen eingegliedert sei,
zugleich bemerkt, dass das, was ich als Geist denke, von
mir als Mensch nicht erinnert wird und umgekehrt. In
seinem sehr beherzigenswerthen Schlusswort erinnert er am
Beispiel der sinnlichen Parusiehoffnungen der ersten Christen,
sowie an den Auswüchsen der grossen französischen Revolution
an die Thatsache, dass von jeher alles Neue in der Weltgeschichte
, von seinem Eintritte bis zu seiner Einbürgerung,
falsche Erwartungen hervorrief und Uebertreibungen, ja
Entstellungen sich gefallen lassen musste. So entbehre auch
die okkultistische, vulgo spiritistische Bewegung nicht solcher
begleitenden trübenden und betrübenden Nebenumstände.
Darum haben wir mit allen Kräften uns zu bemühen, mit
wissenschaftlicher Gründlichkeit und philosophischer Besonnenheit
vorzugehen, nur mit absolut festgelegten Thatsachen
zu rechnen und von allem nicht sorgfältig geprüften
und durchgesiebten Material abzusehen. Nur durch die
Wissenschaftlichkeit seiner Methode könne der Okkultismus
einen succös d'estime erringen, indem er sich ernstlich
bemühe, mit den Männern der Wissenschaft in engster
Fühlung zu bleiben. — Als nächster Kongressort wurde auf
Einladung Feilgenhauer's Köln bestimmt. — Leider hat
Pfarrer Gubalke den von ihm mit so grossem Geschick und
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