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326 Psyebi»ohe Studien. XXVI. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1899.)
Ort niemals beizubringen sein. Der obige Einwand ist also
nur der Unkenntniss der Astrologie zuzuschreiben.
Wenn man nun aber das Einfallen der Wirkung der
Primär-Direktionen noch nicht als genügendes Kontroll-
Mittel der Wesensunterschiede der Individuen und für die
verschiedene Schicksalsgestaltung zweier gegebenen Falls
zeitlich sehr nahe bei einander liegenden Geburten anerkennen
wollte, insofern nämlich die Aspekten der Planeten
nur um ein Geringes abweichen würden, so habe ich Grund,
die Wirkung der einzelnen Grade, Minuten und Sekunden des
aufsteigenden und kulminirenden Punktes als schwerwiegend
für die individuelle Wesensart des Geborenen ins Feld zu
führen. Mit welchen Feinheiten hier zu rechnen ist, werden
Sachkundige einsehen. Man bedenke, dass Ziegler Pulsationen
des Erdmagnetismus bezw. der über die Erde schiessenden
magnetischen Strahlung von nur zehn Sekunden Periodizität
beobachtet hat, womit die Differenzirung aber noch keineswegs
erschöpft sein dürfte. In zehn Zeitsekunden verschiebt
sich durch die Rotation der Erde die Lage des Himmels
und seiner magnetischen Felder (<= Häuser) durchschnittlich
um 2*/2 Bogenminuten. Wenn schon Ziegler eine so geringe
Differenz mit seinen Apparaten und an seinem Gefühl
approbiren konnte, müssen wir auch schliessen, dass eine
solche Differenz erheblich sein muss für die Geburtszeiten,
also für die Kardinalpunkte der Nativitäten. Die „offizielle"
Wissenschaft hat, wie ich hierbei bemerke, neuerdings
ebenfalls sehr schnelle periodische Veränderungen des
Erdmagnetismus von sehr kleiner Differenz festgestellt
(Prof. Eschenhagen, Bericht der Akademie der Wissenschaften.
Berlin, Mathem. Physikal. KL 1897, Heft 32), und von
Hefner'Altenbach sind entsprechende periodische Luftdruckschwankungen
von weniger als einer Minute beobachtet
worden. Da nun der erste Moment des irdischen Daseins
ausserhalb des Mutterleibes erfahrungsgemäss von so grosser
Bedeutung ist, so wird sein genaues zeitliches Einfallen
auf Minute und Sekunde sehr wesentlich sein müssen für
die Individualität, und dies schon allein und vornehmlich
mit Bezug auf den Stand der Sonne und ihre psychischen
Wirkungen im Zodiakus und in Anbetracht der Lage der
Hauptpunkte der Nativität.
Die Frage, ob wir mit dem Geburtsmoment wirklich
alle Fäden des Schicksalsgewebes in die Hand bekommen,
kann vorläufig bei Seite gelassen werden. Die Erfahrung
lehrt, dass der Geburtsmoment zur Bewahrheitung der
Astrologie genügt.
Welche Vorstellung man sich aber von der Sache
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