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Schölerinann: Wissenschaft und Okkultismus. 337
sich überreden lassen, den Experimenten persönlich beizuwohnen
; man weigert sich „aus Rücksicht auf den eigenen
wissenschaftlichen guten Ruf". Die Gegner verbreiten das
Gerücht, Grookes habe seinen Irrthum doch zuletzt eingesehen
und widerrufen. Er straft die Gegner Lügen. Erneutes
Geschrei unter den „Aufgeklärten." Er aber untersucht
unbekümmert weiter und gelangt zu immer interessanteren
und überzeugenderen Ergebnissen. —
Wie es Crookes ergangen, so erging es mehr oder weniger
Allen, die es gewagt haben, ihre eigenen Ansichten und
Ueberzeugungen offen zu vertreten, bevor die Zeit „reif"
für sie war, d. h. so lange sie noch im Widerspruch mit
den gerade herrschenden Anschauungen standen. Am
heftigsten widersetzten sich gerade diejenigen Vertreter der
offiziellen Wissenschaft, die es überhaupt für überflüssig
hielten, den experimentellen Untersuchungen selbst beizuwohnen
, mit der Motivirung, dass es ja in der Natur nichts
„Uebernatürliches" giebt, d. h. nichts, was ihren eigenen
Gesetzen widerspricht Sie hatten in ihrem Argument
„durchaus" Recht. Aber „durchaus** Unrecht hatten sie
wiederum, wenn sie sich weigerten, hinreichend beglaubigte
und wiederholt bestätigte Thatsachen einer vorurtheilsfreien
Prüfung zu unterziehen!
Wir dürfen nie von vornherein behaupten, dass eine
uns berichtete aussergewöhnliche Thatsache allen Naturgesetzen
widerspricht; denn das müsste unsere eigene
Allwissenheit in Bezug auf die Naturgesetze zur Voraussetzung
haben. Eine solche Voraussetzung ist aber die
ungeheuerlichste wissenschaftliche Anmassung, die es
überhaupt geben kann. Was sind denn die bisher erkannten
Naturgesetze anders als die begrifflichen Verallgemeinerungen,
die wir aus dem bisher beobachteten Thatsachenmaterial
abgeleitet haben ? Sind darum aber alle überhaupt möglichen
Thatsachen schon erschöpft? Bedingt nicht vielmehr jede
Erweiterung im Beobachtungsgebiet eine Ausdehnung, oder
auch eine Einschränkung unserer Anschauungen? Jedes
Gesetz ist unter Umständen erweiterungsfähig und darf von
keinem ernsten Sucher der Wahrheit als so abgeschlossen
betrachtet werden, dass spätere Erfahrungstatsachen nicht
einen etwaigen „Zusatzparagraphen" erheischen könnten. Mit
der Betrugshypothese haben wir kein Recht, die Untersuchungen
von Männern leichtfertig ad acta zu legen, deren
wissenschaftlicher Ruf undGlaubwürdigkeitihrenMittheilungen
denselben Werth verleihen, wie jeder anderen uns berichteten
Thatsache auf Gebieten der Wissenschaft, von denen wir
persönlich nicht mehr wissen, als — von Herrn Schtvertlein's
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