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344 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1899.)
komme oft in das Zweiggeschäft in Simla, kaufe dort
namentlich tibetanische Handschriften, worauf er sich sehr
gut verstehe, und man sage überhaupt, er rede alle Sprachen
der Welt. Die ihm nachgesagten Zauberstücke klingen
ganz unglaublich. „Auf mich, heisst es am Schlüsse jenes
Briefes, hat Jacob keinen besonders günstigen Eindruck gemacht
, und glaube ich, dass man es hier mit Black Art
(Schwarzkunst) zu thun hat."
Die Simla News vom 16. Juni 1896 geben davon
einige Beispiele, nach dem in vollem Ernhte abgefassten
Berichte eines im Himalaya stationirten britischen Offiziers,
der Mr. Jacob nicht als einen eigentlichen Yogi bezeichnen
will, obwohl er sich theoretisch und praktisch mit Yoga
beschäftigt habe. Der Offizier war zu Besuch bei einem
schottischen Kameraden in Simla und erwähnte im Gespräche
Mr. Jacob und seinen Wunsch, den Wundermann
kennen zu lernen. Man ermuthigte ihn gar nicht dazu;
aber er liess sich von seinem Vorhaben nicht abbringen,
auch nicht, als er in Mr. Jacob's Landsitz erfuhr, dieser sei
auf drei Tage verreist. Er liess seine Karte zurück, „mit
einem hieroglyphischen Zeichen, ohne noch zu wissen, zu
welcher Schule Jacob gehörte." Zu seiner Ueberraschung
wurde er nach Verlauf der drei Tage zum Frühstück eingeladen
und von dem Wirthe, dank jener Hieroglyphe, mit
grossem „empressement" empfangen. Drei andere Gäste
waren zugegen, darunter ein wohlbekannter General. Letzterer
fragte nach dem Essen, ob ihnen der Wirth nicht „ein
Stückchen vormachen" wolle. Herrn Jacob gefiel der Ausdruck
offenbar nicht; doch erklärte er sich bereit. Er liess
alsbald die Spazierstöcke seiner Gäste hereinbringen, wählte
einen davon aus (den des Generals) und hielt ihn aufrecht
in eine auf dem Tische stehende mit Wasser gefüllte Schale.
Während er seine Zaubersprüche murmelte, fing der Stock
an, Wurzeln und Zweige zu treiben, Blätter und Biüthen
zu bekommen, und nach zehn Minuten stand „ein schöner
kräftiger Weinstock da, mit reifen schwarzen Hamburger
Trauben". — Wir alle langten zu,*) und da mir einfiel, es
könne sich am Ende um eine hypnotische Täuschung handeln,
ass ich nur einen Theil meiner Trauben und steckte die
andere Hälfte in die Tasche. Darauf wurde der Weinstock
mit einem Tuche bedeckt und beim Wegnehmen desselben
zeigte sich wieder der unveränderte Stock des Generals.
*) Bei der weiteren Erzählung ist die erste Person beibehalten,
obgleich der Bericht des Offiziers hier nur im Auszuge (aber getreu)
wiedergegeben ist.
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