Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
26. Jahrgang.1899
Seite: 421
(PDF, 195 MB)
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Litteraturbericht

421

Entwickelung des Aberglaubens, alias Okkultismus, und giebt die verschiedensten
Berichte über diesbez. Erscheinungen wieder. Nach A.'s Plan
ist er nebensächlicher Natur. Er ist nur Mittel zum Zweck, indem er die
Grundlage für den zweiten Theil liefert, der die psycho-physische Untersuchung
der im ersten Theil behandelten Phänomene bietet.

Ich fasse mich bezüglich der historischen Kritik des ersten Theiles
kurz, indem ich es Berufeneren überlasse, X's historische Ansichten im
Einzelnen nachzuprüfen. L. leitet den europäischen Aberglauben aus drei
Haupttheilen her: die erste Quelle bilden die Anschauungen der Chaldäer,
die in Europa durch den Zug Alexander d. Gr. nach Persien eindrangen.
Der zweite Strom ist jüdisch-ägyptisch-arabischen Ursprungs und gelangte
mit den Mauren nach Europa; der dritte kam Mitte unseres Jahrhunderts
von Amerika zu uns, ist aber mit indischen Elementen vermischt. L. beschränkt
sich durchweg auf die Grundzüge, ohne in Details einzugehen. Wer
sich also schnell orientiren will, wird die Z. sehe Darstellung dem voluminösen
Werke Kiesewette)'s und Vesme's vorziehen. Freilich finden sich bei L.
störende Lücken: es fehlt z. B. jede Darstellung der griechischen Mysterien,
es fehlt ferner eine Würdigimg der Charlatane der Aufklärungszeit:
Cag7iostro% Schröpfi,r% Gassner's u. v. a. Die Geschichte des modernen
Spiritismus ist noch oberflächlicher wie bei Kiesewetter gehalten; die Entwicklung
des Spiritismus im letzten Decennium kann kaum noch als
Skizze bezeichnet werden. Hier fehlt L. offenbar die Kenntniss des Gebietes
und, da Vorarbeiten nicht vorlagen, hat er sich auf das Notdürftigste
beschränkt. Das ist um so bedauerlicher, als dadurch das kulturgeschichtliche
Problem, das im Auftreten des Spiritismus liegt, recht
stiefmütterlich wegkommt. Hiervon abgesehen, verdient der erste Theil,
historisch betrachtet, alles Lob. Fesselnd und klar ist der Gedanke
durchgeführt, dass der Okkultismus kein isolirtes Phänomen, sondern ein
kulturgeschichtlich gewordenes Ganzes ist, eine Auffassung, die, schon 1857
von Schindler entwickelt, seitdem durch Carus Sterne (Dactylomantie 1862),
Pe'rty, Wundt, Bastian, du Prel, Kiesetveller, Baudi von Vesme,
Hernie am Rhyn zur herrschenden erhoben worden ist. Die phantastische
Auffassung gewisser Kreise, der Spiritismus sei eines schönen Tages als
Geschenk übernatürlicher Mächte vom Himmel gefallen, nimmt wohl heute
niemand mehr Ernst. —

Auf den historischen Theil, nach seiner psychologischen Seite
hin, komme ich noch weiter unten zu sprechen.

Die Hauptbedeutung des Werkes liegt im zweiten Theil, in dem Lehmann
die psychologische Kritik des Aberglaubens giebt. L. giebt zu, dass
dem Aberglauben Thatsach en zu Grunde liegen müssen; er findet diese
Thatsachen nicht in supernormalen Phänomenen, also in unbekannten
Kräften, sondern in natürlichen psycho-physischen Phänomenen, die wenig
bekannt oder schlecht beobachtet worden sind. Die Thatsachen des Aberglaubens
lassen sich also aus einem Gesichtspunkte erklären. Schlechte
Beobachtung und Unkenntniss natürlicher Phänomene haben allein zu ihrer
Annahme geführt. Der zweite Theil des Werkes ist daher einer Darstellung
des Beobachtungsvermögens und jener psycho-physischen Thatsachen
gewidmet. Z.'s Ausführungen stellen, als Ganzes betrachtet, eine
glänzende Leistung wissenschaftlichen Geistes dar. Damit will ich nicht
sagen, dass manches daran nicht fragwürdig, oberflächlich, ja geradezu
falsch sei. Beispielsweise ist die Uebersicht über die älteren Erklärungsversuche
derauig oberflächlich, dass man sich kopfschüttelnd fragt, ob L.
einen ganzen Theil der einschlägigen Litteratur nicht kennt. (Es fehlt
z. B. du Prel, Bockas, ßariex, Ermacorat Acevedo, Schopenhauer u. v. a.)
Aber das kanu die Bedeutung des Ganzen nicht mindern. Zum ersten
Male finden wir die Zusammenstellung aller Fehlerquellen, die bei diesbez.
Experimenten auszuschalten sind. Vor L. hat kein Forscher den Versuch


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